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Kultur: Die Kraft der Worte
Eine Diskussion über Judenfeindlichkeit heute
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Wann sind Proteste gegen Israel antisemitisch? Wie gefährlich ist Sprache für die Entwicklung antisemitischer Einstellungen? Und woher kommt der Hass gegen Juden? Um all’ diese Fragen geht es auf der Podiumsdiskussion „Ich mag Euch nicht. Judenfeindschaft heute“, zu der die Landeszentrale für politische Bildung am Mittwoch, dem 7. August, um 18 Uhr einlädt.
14 000 Briefe, Postkarten und E-Mails hat die Sprachwissenschaftlerin Monika Schwarz-Friesel ausgewertet. Empfänger waren der Zentralrat der Juden und die israelische Botschaft. Die Schreiben wurden zwischen 2002 und 2012 aus allen Teilen Deutschlands abgesandt. Das Ergebnis: Die überwiegende Mehrheit der Absender waren „ganz normale Deutsche“ – Akademiker, Ärzte, Rechtsanwälte, Menschen aus der sogenannten Mitte der Gesellschaft, die jede Form von Antisemitismus oder Extremismus oft ausdrücklich von sich wiesen oder scheinbar neutral die israelische Politik kritisierten. Wo also fängt Judenfeindlichkeit an?
Monika Schwarz-Friesel und Jehuda Reinharz gingen dieser Frage in ihrem Buch „Die Sprache der Judenfeindschaft im 21. Jahrhundert“ nach. Die Autoren präsentieren zunächst in einem historischen Rückblick die typischen Muster des Antisemitismus der letzten 150 Jahre. Vor diesem Hintergrund interpretieren sie die Sprache der 14 000 Briefe sowie die Denkstrukturen und Gefühle, die darin zum Ausdruck kommen. Nur knapp ein Viertel der eingegangenen Briefe werden als freundlich oder legitim kritisch eingestuft, während die Autoren die übergroße Mehrheit der spontanen Meinungsbekundungen als antisemitisch klassifizieren. „Viele der mehr als 800 Briefauszüge, die ihre Studie dokumentiert, sind erschreckend und beschämend zugleich“, kommentierte das Deutschlandradio. 50 Jahre nach dem Holocaust würden der Botschafter Israels und die höchsten Repräsentanten des Judentums in Deutschland als „bluttriefende Judenschweine“, Völkermörder oder Untermenschengesindel beschimpft und mit Mordfantasien konfrontiert. „Sprache kann töten: Auschwitz begann nicht mit dem Bau von Krematorien, sondern mit dem Gebrauch bestimmter Worte. Die Tatsache, dass judenfeindliche Denkmuster aus der Nazizeit auch heute noch Verbreitung finden, ist ein Alarmzeichen“, hieß es in der Radio-Kritik.
Das Publikum ist eingeladen, über diese Fragen zu diskutieren: mit Sprachwissenschaftlerin Monika Schwarz-Friesel von der Technischen Universität Berlin und Gideon Botsch, Historiker vom Moses Mendelssohn Zentrum Potsdam. PNN
7. August, 18 Uhr, Brandenburgische Landeszentrale für politische Bildung, Heinrich-Mann-Allee 107, Haus 17, Eintritt frei
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