Kultur: Die Kraft des Blechs
DieLokalmatadoren „Swing Express“ beim jazzfest
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DieLokalmatadoren „Swing Express“ beim jazzfest Fast hätte man glauben können, sie sollten beim Jazzfestival das Licht ausblasen. Doch für den "Swing Express" war der Auftritt am Sonntagabend vor dem Brandenburger Tor das ganz große Ding. Vor gut anderthalb Jahren durch den Wunsch vereint, endlich die Musik zu spielen, die ihnen wirklich in den Fingern kribbelte, kamen 18 Musiker aus Potsdam und Umgebung zusammen und gründeten Potsdams einzige Big Band. Die Männer probten tapfer, doch hielten sich die Auftrittsmöglichkeiten in Grenzen. Das Jazzfestival gab ihnen nun endlich die Möglichkeit, als einzige Lokalmatadoren, auf großer Bühne und vor breitem Publikum zu spielen. Zwar nur als vorletzte Band des dreitägigen Jazzfestes, doch war dies für die Musiker noch lange kein Grund leiser zu treten. Nach Licht ausblasen war dem „Swing Express" nicht, ganz im Gegenteil. In der Tradition eines Count Basie und Glen Miller verstehen sich die Jazzenthusiasten. Dabei immer streng dem Swing verpflichtet. Mit ihrer Erkennungsmelodie, die gleichzeitig Namensgeber ist, legte sich die Big Band dann auch gleich kräftig ins Zeug. „Swing Express“, wurde vom Schlagzeuger Günter Kiesant geschrieben. Das war 1958. Der mittlerweile 71-jährige Kiesant ist das Urgestein der Band und gleichzeitig der Garant für die richtige musikalische Mischung. Denn wenn er mit seinen Stöcken die Felle rührt, dann kann kaum noch etwas schief gehen. Es folgten „Just a Gigolo“ und Neal Heftis „Cutt“. Und schon hier bewies der „Swing Express“, dass ihm angestaubte Arrangements nicht liegen. Etwas moderner darf es hier ruhig sein. Vier Trompeten, vier Posaunen und fünf Saxophone, das ist dreizehn Mal die Kraft des Blechs, dazu Schlagzeug, Gitarre, Bass und Piano. Geballt hat sich der „Swing Express" daran gemacht, dem alten Hund Swing etwas Schwung in die müden Knochen zu treiben. Und das gelang an diesem Abend. Ob „Foggy Dew“ oder „Sweet Georgia Brown“, „CB Express“ oder „Lullaby of Birdland“, die Themen sprangen frei und locker zwischen den Bläsersätzen hin und her, wurden mal aufgenommen von Gitarre oder Bass und fanden dann wieder zusammen in einem krachenden Finale. Und spitzte man die Ohren für die Feinheiten, dann hörte man ihn durch die Melodien scharwenzeln, den Blues, den alten Galan. „All of me“ kam dann doch etwas zu sehr auf schleichendem Fuß daher. Doch war das schnell vergessen, als der „Swing Express" ausgerechnet mit „Lady Madonna“, einem Beatlesklassiker, glänzte. Aber auch hier wurde wieder der Beweis erbracht. Egal welche Noten sich die 18 Musiker vorknöpfen, sie schütteln sie, bis sie swingen. Ausgerechnet unter einem Symbol preußischer Akkuratesse, dem Brandenburger Tor, hat der „Swing Express“ gezeigt, wie leichtfüßig es sich auf märkischem Sand swingen lässt. Es braut sich was Gutes zusammen in dieser Stadt. Bleibt nur zu hoffen, dass die 18 Herren ihr kräftiges Süppchen nicht weiterhin wie bisher auf kleiner Flamme im Proberaum und auf Gelegenheitsauftritten zubereiten müssen.Dirk Becker
Dirk Becker
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