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Kultur: Die Macht der Stimme

Ulrich Noethen liest aus „Krieg und Frieden“

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Ulrich Noethen ist ein Verzauberer. Als Schauspieler auf der Bühne und im Film, doch mehr noch als Vorleser. In diesem Metier, wo alles, aber auch alles an der Stimme liegt, hat es Noethen zur wahren Meisterschaft gebracht. Regelmäßig ist er so auch in Potsdam zu erleben. Zuletzt im Rahmen der Potsdamer Hofkonzerte, wo er im Mai aus Klaus Manns Tschaikowsky-Roman „Symphonie Pathétique“ las und vor den Augen der Zuhörer eine längst vergessene Welt aufleben ließ. Am morgigen Samstag ist Ulrich Noethen wieder zu Gast in Potsdam.

Dieses Mal, anlässlich des 100. Todestages von Leo Tolstoi, wird Noethen Passagen aus dessen Roman „Krieg und Frieden“ lesen. Noethen hat dieses Opus magnum auch als Hörbuch gelesen. Aber nicht, wie mancher bei dem Umfang von über 2000 Seiten annehmen könnte, nur in Ausschnitten. Insgesamt 250 Stunden, verteilt auf 35 Tage, hat Ulrich Noethen sich in ein Tonstudio zurückgezogen, um den mehr als 500 Charakteren in „Krieg und Frieden“ mit seiner Stimme Leben jenseits der geschriebenen Sprache einzuhauchen. Eine Lesung, zusammengefasst auf 54 CDs.

Vor dem Hintergrund der Napoleonischen Kriege hat Tolstoi in „Krieg und Frieden“ ein monumentales Panorama von Familien- und Liebesgeschichten, Machtkämpfen und Intrigen gezeichnet, das in seiner Vielstimmigkeit, in seiner Farbenpracht und Sprachkunst seinesgleichen sucht. Wer sich heute als Leser auf diesen Roman einlässt, muss bereit sein für einen anderen Rhythmus, für ein anderes Zeit- und auch Sprachverständnis. Und er darf sich nicht wundern, wenn er in diesem Roman irgendwann den Überblick verliert. Umso skeptischer die Erwartungshaltung, was Noethen in seiner hochgelobten Lesung aus diesem Roman gemacht hat. Nur so viel sei dazu gesagt: Ulrich Noethen gelingt es, diese so vielgestaltige und so fremde Welt zum Leben zu erwecken. Mit seiner Stimme zeichnet er die Charaktere. Ob nun Pierre, Sohn des Grafen Besuchow, ob nun den alten Fürsten Wassili, ob nun Anna Pawlowna oder all die anderen. Ja, und auch hier beweist Noethen sein Talent als Verzauberer. Bei seinem morgigen Auftritt in Potsdam wird er zum ersten Mal öffentlich aus „Krieg und Frieden“ lesen. Die beste Gelegenheit also, nicht nur Tolstois Roman zu entdecken oder wiederzuentdecken, sondern vor allem auch Ulrich Noethen zu erleben. Dirk Becker

Ulrich Noethen liest am morgigen Samstag, 20 Uhr, in der Drückerei Rüss, Ulanenweg 4, Passagen aus Tolstois „Krieg und Frieden“. Der Eintritt kostet 12, ermäßigt 10 Euro. Kartenreservierung unter Tel.: (0331) 280 41 03 oder (0331) 28 00 452

Dirk Becker

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