zum Hauptinhalt

Kultur: Die Schatten hinter „Ehe im Schatten“ Filmmuseum präsentierte Buch zu Maetzigs Film

3. Oktober 1947, im zerstörten Berlin.

Stand:

3. Oktober 1947, im zerstörten Berlin. Der Defa-Spielfilm „Ehe im Schatten“, gedreht von Kurt Maetzig, wird erstmals in den Kinos gezeigt. „Ehe im Schatten“ – und dies ist die Ausnahme im deutschen Nachkriegsfilm – startet in allen vier Berliner Sektoren gleichzeitig. Mehr als zwölf Millionen Menschen sehen das bewegende Filmdrama über das Schicksal des Ehepaars Wieland, das von den Nationalsozialisten in den Freitod getrieben wird, als der erfolgreiche Schauspieler Hans Wieland seine jüdische Frau Elisabeth nicht mehr vor der Deportation bewahren kann. „Ehe im Schatten“ wird zu einem der erfolgreichsten deutschen Filme der Nachkriegszeit.

Jetzt ist erstmals der Text, der Maetzig als Vorlage diente, nämlich die Novelle „Es wird schon nicht so schlimm“ von Hans Schweikart, erschienen, der das Schicksal des Schauspielers Joachim Gottschalk und seiner Familie literarisch verarbeitete. Zu verdanken ist das dem Regisseur und Theaterintendanten Carsten Ramm, der bei Recherchen auf das Schicksal des Schauspielers Joachim Gottschalk stieß, den Text auftrieb und an die Öffentlichkeit brachte. Am Donnerstagabend stellten nun die Filmwissenschaftler Rolf Aurich und Wolfgang Jacobsen, deren Nachwort zeit- und filmgeschichtliche Hintergründe vermittelt, das Buch im Filmmuseum vor.

Im Filmschaffen der unmittelbaren Nachkriegszeit ist „Ehe im Schatten“ einer der wenigen Filme, der sich dezidiert mit der jüngsten Vergangenheit auseinandersetzt. Denn 35 der 40 Spielfilme, die bis 1948 in allen deutschen Besatzungszonen entstanden, beschäftigen sich in irgendeiner Form mit Zeitgeschehen, so Rolf Aurich. Seine Einführung machte deutlich, wie bestimmend vor allem Menschen, die bereits vor 1945 Filme in Deutschland gemacht hatten, für das beginnende Filmschaffen der Nach-Hitler-Ära war. Wie auch die Regisseure Helmut Käutner oder Josef von Baky, die nach 1945 in den westlichen Besatzungszonen Lizenzen für ihre Filmgesellschaften erhielten, hatte auch Hans Schweikart während der Zeit der nationalsozialistischen Diktatur in Deutschland gearbeitet: als Theatermann, Regisseur und zeitweise Produktionschef der Bavaria-Filmgesellschaft. „Die Tendenz ist eindeutig“, so Rolf Aurich, „Filme im Nachkriegsdeutschland werden im Grunde von Alteingesessenen gemacht, die Emigranten, die Verfolgten, haben nur eine ganz dünne Stimme.“ Schauspieler wie Alfred Balthoff und Willi Prager, die im Berliner Untergrund überlebten und in „Ehe im Schatten“ die ebenfalls jüdisch verfolgten Figuren des Arztes Dr. Silberstein und des Schauspieler-Kollegen Bernstein spielten, waren Ausnahmen.

Über Schweikarts Beziehung zu Joachim Gottschalk ist wenig bekannt, es ist jedoch von Freundschaft die Rede. Darüber hinaus drehte Hans Schweikart mit ihm in einer der beiden männlichen Hauptrollen 1940/41 „Das Mädchen von Fanö“. Wolfgang Jacobsen nähert sich Schweikart in seinem Vortrag über eine 1946 von Gunter Groll herausgegebenen Gedicht-Anthologie, in der auch vier Gedichte Schweikarts enthalten sind. Immer wieder geht es um die Haltung des Künstlers im nationalsozialistischen Staat: „Was ist es“, fragt Jacobsen, dass Schweikart sich nach dem Krieg dem Schicksal der Gottschalks literarisch annahm? Würdigung der Menschen oder nachträglich auch so etwas wie eine Camouflage, sich eines eindeutigeren widerständigeren Lebens anzudienen, für das man die Kraft nicht aufbrachte? Wie schwierig die Erfahrungen Hans Schweikarts in ihrer Ambivalenz und Uneindeutigkeit zu erfassen sind, vermittelte die Buchpräsentation. Auch deshalb lohnt die Beschäftigung mit dem Text. Susanne Klappenbach

Susanne Klappenbach

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })