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Von Dirk Becker: Die Schläferin aus Metropolis
Anne Clark, die Grand Dame des Dark Wave, ist am Samstag im Lindenpark zu erleben
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Nun kommt sie zurück. Nach anderthalb Jahren. Ausgerechnet in der Sommerzeit. Als Anne Clark damals im Lindenpark auftrat, war das Jahr 2009 gerade zwei Monate jung. Kurze Tage mit tief hängenden Wolken, wenig Licht und langem Dunkel. Die perfekte Jahreszeit für die Musik dieser Frau, die gern auch als Grand Dame des Dark Wave bezeichnet wird.
Nun also ist sie wieder da. Am gleichen Ort, dieses Mal aber zur Sommerzeit, wo die Tage voller Licht sind und das Dunkel so weit scheint. Am kommenden Samstag wird Anne Clark wieder im Lindenpark zu erleben sein. Obwohl das auch nicht ganz stimmt. Im Februar 2009 stand sie im großen Saal auf der Bühne, am Samstag nun wird sie Open Air, wie so schön gesagt wird, im Garten direkt neben dem Lindenpark auftreten. In einer lauen Sommernacht. Grillwürstchen wird es mit Sicherheit auch geben.
Das ist schon eine komische Vorstellung, Anne Clark und Grillwürstchen. Zwei so gegensätzliche Dinge, die einfach nicht zusammenpassen wollen. Auf der einen Seite die eigenwillige und unangepasste Musik von Anne Clark, elektronisch-verspielt, mit einem gewissen Hang zum Dunklen und untermalt von einem peitschenden Beat, zu der sie ihre Lieder spricht. Auf der anderen dann ausgerechnet die Grillwurst, das unübertroffene Symbol für bürgerliche Gemütlichkeit und Wohlstandsbauchpflege.
Aber wenn man es etwas genauer betrachtet, ist dieses Zusammentreffen vielleicht doch nicht mehr ganz so gegensätzlich. Denn schließlich hat Anne Clark auch Dinge zusammengebracht, die scheinbar nicht zusammengehören.
In Croydon, im Süden Londons, wurde Anne Clark geboren. Im Jahr 1960 war das. Die Mutter Irin, der Vater Schotte. Ihre Liebe galt schon früh der Musik und der Literatur. Und irgendwie wollte sie beides, die Literatur wie die Musik. Anne Clark arbeitet nach ein paar Gelegenheitsjobs bei Bonaparte Records, einem kleinen und unabhängigen Plattenlabel, inklusive -laden. Neben dem Laden stand das Warehouse Theater. Unabhängig, frei und immer kurz vor dem Bankrott. Hier organisierte sie Konzerte, holte Theatergruppen auf die Bühne, mischte den Punk mit dem gerade aufkommenden New Wave. Und sie probierte sich selbst aus, ihre eigenwillige Verbindung von Musik und Literatur.
Dass sie nicht zur Sängerin taugte, schreckte Anna Clark nicht. Wer nicht singen kann, der spricht einfach. Das ist im Grunde zum Markenzeichen der Musikerin Anne Clark geworden, in Spoken-Word-Manier ihre Texte, die weniger Gedichte, sondern oft Geschichten sind, gegen den harten Beat anzuschlagen.
Dann 1982 mit „The Sitting Room“ ihr erstes Album. In den kommenden Jahren folgten mit „Changing Places“, „Joined up Writing“ und „Hopeless Cases“ Alben, die immer ohrwurmgefährliches und hoch tanzbares Liedgut enthielten. „Our darkness“, „Heaven“ oder „Sleeper in Metropolis“ – das waren Hits, die eine ganze Generation auf den Tanzflächen toben ließ. Anne Clark, das blonde Haar damals wild toupiert, hatte Erfolg mit dem Verbinden vom Unpassenden. Tanzbare Elektromusik mit rezitierender Stimme und dazu auch noch Texte, die nicht einfach nur Mitgrölcharakter hatten, sondern gut in manches Geschichtsbändchen gepasst hätten. Dann wurde es aber ruhig um Anne Clark. Jeder Musiker hat seine Zeit. Mal etwas länger, die meisten jedoch etwas kürzer.
Mit ihrem Album „The smallest acts of kindness“ meldete sich Anne Clark nach einigen Jahren auf experimentellen Pfaden 2008 wieder in ihrem Spoken-Word-Revier zurück. Das Elektronische liefert noch immer die Grundierung für ihre Musik. Hinzugekommen sind Cello, Gitarre und Schlagzeug, die auch bei den Live-Auftritten von Anne Clark zu hören sind. Und dass sie noch immer an ihren alten Hits gemessen wird, weiß sie sehr genau. So sind ihre Konzerte auch immer eine genussvolle Zeitreise in die alten Tage mit „Our darkness“, „Heaven“ oder „Sleeper in Metropolis“. In diesem Sommer im Lindenpark das alles dann unter freiem Himmel beim „Anne Clark Open Air“. Na denn, darauf eine Grillwurst.
Das Konzert im Lindenpark, Stahnsdorfer Straße 76-78, beginnt um 20 Uhr. Im Vorprogramm ist Nik Page alias „Blind Passenger“ zu erleben. Karten kosten im Vorverkauf 24 Euro (zzgl. Gebühren), an der Abendkasse 28 Euro
Dirk Becker
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