
© Stephan Gloede
Musikfestspiele Sanssouci: Die Schönheit der Stimme
60-jähriges Jubiläum der Musikfestspiele: Zwei Konzerte in der Friedenskirche und dem Raffaelsaal feiern die Kraft des Gesangs.
Stand:
Am Anfang aller Musik war der Gesang, weil der Mensch erkannte hatte, dass dem nur gesprochenen Wort immer etwas fehlen würde. Eine Breite und Emotionalität, eine Tiefe und Betroffenheit; vor allem aber etwas Unerklärliches, das weit über den Wortsinn hinausreicht und den Menschen, der dem Gesang zuhört, berühren und erheben kann. Am Anfang des Eröffnungskonzertes der Musikfestspiele am Freitag in der ausverkauften Friedenskirche stand der Gesang. Jesús Mendéz betrat die Bühne und ging für einen Moment in sich. Dann schnippte er mit den Fingern der rechten Hand einen Rhythmus, ein Muster, das nur er kannte, und ließ seine Stimme erklingen. Und genau in diesem Moment passierte es, dass sich die Stille in der Friedenskirche mit etwas füllte, das sich sogleich auf den Zuhörer übertrug. Dieses Berührende, Überwältigende und so schwer zu Beschreibende, weil es nur für den Moment so intensiv wirkt, durch die anschließende Reflexion aber sofort seine Reinheit, seine Klarheit verliert. Mendéz sang zwei Lieder mit dieser so rauen, so dramatischen Stimme des Flamenco, in der sich Leiden und Glückseligkeit aufs Heftigste verbinden, die nie genügen kann, was eigentlich gesagt und ausgedrückt werden soll und die nicht selten an den Klagegesang eines verletzten Tieres denken lässt.
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In diesem Jahr, ihrem 60-jährigen Jubiläum, haben sich die Musikfestspiele dem Mittelmeerraum unter dem Motto „Zwischen Traum und Wirklichkeit“ zugewandt. Geschichtlich und musikalisch ein scheinbar unendliches Spielfeld. Doch wie schon das ganze Streben und Entstehen von Kulturen, das Mit- und Gegeneinander im Mittelmeerraum in dem Motto treffender kaum auf den Punkt gebracht werden konnte, war auch das Eröffnungskonzert in seiner kontrastreichen Dramaturgie ein grandioser Auftakt, das in gerade einmal zwei Stunden so viel aufzeigte und verband.
Dirk Becker
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