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Kultur: Die Schönheit der Unterschiede

Neue Tanzkurse für Kinder in der fabrik

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Neue Tanzkurse für Kinder in der fabrik Ob dick oder dünn, groß oder klein, phlegmatisch oder temperamentvoll, Mädchen oder Junge – jedes Kind ist in den Tanzkursen von Ludovic Fourest willkommen. Für den französischen Tanzpädagogen ist es die Schönheit der Unterschiede, die seine Arbeit so spannend macht. „Jeder darf sein wie er ist. Ich möchte kein Korsett überstülpen.“ Anders als beim Ballett, wo strenge Auswahlkriterien angelegt werden, bietet der zeitgenössische Tanz einen breiten Zugang. Und die Nachfrage ist groß. In bereits vier Gruppen arbeitet der Tanzlehrer der fabrik mit 3- bis 9-Jährigen. Ab heute sollen nun zwei weitere Kurse starten. „Wenn die Kinder zu mir kommen, wollen sie zuerst immer nur rennen. Ich versuche sie dann, über das Spiel zum Tanz zu bringen: ihre Spontanität und ihre Bewegungen in Tanz umzuformen.“ Gerade die ganz Kleinen seien noch sehr beweglich und hätten ein ganz natürliches Rhythmusgefühl. „Sie sind es gewöhnt, zu Hause ganz spontan allein zu tanzen. Im Kurs versuche ich, auch das Miteinander zu fördern. Ich lasse die Kinder nicht einfach ,nur“ spielen, sondern habe ein Programm entwickelt, wie ich ihre Koordination und das Gleichgewicht, Musik und Rhythmus verstärken kann.“ So lernen die Kinder laufen, ohne Geräusche zu machen, bewegen ihre Arme wie die Äste eines Baumes ... Zuallererst sieht sich Ludovic Fourest aber selbst als Schüler. Nicht nur von den eigenen zwei Kindern lernt der Neu-Potsdamer pausenlos. Bereits während des Studiums in Paris arbeitete er mit geistig behinderten Erwachsenen und auch mit Anderthalbjährigen in einer Kita. „Dort habe ich gemerkt, wie viel uns Kinder und auch behinderte Menschen beibringen können: Vor allem ihre Präsenz beeindruckte mich. Und ich habe auch gelernt, Geduld zu haben.“ Ludovic Fourest geht es nicht nur um das Fördern tänzerischer Bewegungen, er hat die ganze Persönlichkeit im Blick. „Kinder verlieren durch die Erziehung sehr schnell ihre Fantasie, und ich merke, dass sie oft keine Zeit mehr für eigene Träume haben. Kinder mit Behinderung sind da oft viel mehr bei sich.“ Oft kämen schon die Kleinen sehr angespannt und mit eingezogenem Rücken zu ihm in die Kurse. Um so mehr freue er sich, wenn er von Eltern höre, wie sich Kinder durch den Tanz verändert hätten. Diese entspannende Bewegung würde Fourest auch gern in die Potsdamer Schulen tragen. In einer Grundschule am Humboldtring unterrichtet er bereits. Jetzt möchte er auch an anderen Einrichtungen den Vorstoß wagen und hofft, nicht gleich an finanziellen Argumenten zu scheitern. „Vielleicht spart man später ja die Arztkosten. In Frankreich ist der Kindertanz an den Schulen jedenfalls viel weiter verbreitet.“ Studien belegten zudem, „dass Tanz im Vergleich zum Sport viel freier und umfassender ist, weil er Musik, Rhythmus, Gleichgewicht, Koordination, Spiel und das Agieren in einer Gruppe miteinander verbindet“, beruft sich Ludovic Fourest auch auf den Berliner Kinderarzt Klemens Senger, der zudem betonte, dass Bewegung bei Kindern Denkkapazitäten schaffe. In Berliner Kitas hätten kürzlich Schweizer Forscher bewiesen, dass das Erlernen von Sprachen in Verbindung mit Bewegung viel bessere Ergebnisse erziele. Für die fabrik ist die Nachwuchsarbeit im Studio zugleich auch Lobbyarbeit für den Tanz auf der Bühne. „Man begreift viel besser, was passiert, wenn man selbst schon Erfahrungen hat.“ Das erste Kindertanzfestival, das es während der Tanztage im Mai geben wird, soll diese Verschränkung weiter ankurbeln. Und irgendwann werden auch die Kids ein eigenes Programm auf die Bühne bringen. H. Jäger Probestunden für 3-bis 5-Jährige heute 15.30, für 5-und 6-Jährige 16.30 Uhr, Studio 1/fischhaus, Gebühr: 5 €.

H. Jäger

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