Kultur: Die Unentschlossene
Marianne Rosenberg mit ihrem Programm „La vie en Rose“ zur Eröffnung des Jazz-Festivals
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Marianne Rosenberg mit ihrem Programm „La vie en Rose“ zur Eröffnung des Jazz-Festivals Die gelegentliche Pfiffe an diesem Donnerstagabend waren zwecklos. Hatten die Ungeduldigen im Publikum tatsächlich erwartet, dass Marianne Rosenberg zu ihrem Eröffnungskonzert des diesjährigen Jazzfestivals in der Schiffbauergasse pünktlich auf die Bühne tritt? Sie ist schließlich eine Diva und die darf nie pünktlich sein. Eine Diva lässt auf sich warten, das gehört zum Image. Ob dieses Warten sich immer lohnt, ist natürlich fraglich. „La vien en Rose“ heißt das aktuelle Programm, mit dem Marianne Rosenberg derzeit unterwegs ist. Ihrer musikalischen Lebensaufgabe - der Liebe - ist sie treu geblieben. Nur das Genre hat sie dafür gewechselt. Mit Jazz und Chanson versucht sie sich nun vom Schlagermakel rein zu waschen, der an ihren steilen Hackenschuhen klebt wie etwas ganz Schmutziges. Die Schatten ihrer Dauerbrenner „Marlene“ und „Er gehört zu mir“ reichen sehr weit. Für ihr neues Unterfangen hat sie hochkarätige Musiker engagiert. Mit dem Pianisten Wolfgang Köhler kam dann gleich auch ein Arrangeur für die Lieder mit ins Team. Musikalisch konnte Marianne Rosenberg sich also auf ein solides Jazzfundament verlassen. Ganz in schwarz, denn wie sie später noch verkündete, sei neben Liebe, der Tod ein großes Faszinosum für sie, schritt sie auf die Bühne. Es folgte ein trauerweidenverhangener Abend der Liebe. Eigene Lieder, vermischt mit Standards wie „Everything happens to me“, aus dem sie „Allet passiert imma mir“ machte, wechselten mit melancholiesatten Ansprachen, denen man den einstudierten Text zu deutlich anmerkte. Für Marianne Rosenberg scheint die Liebe ein schwarze Unglücksvogel. Blues satt war also da, doch mit dem Jazz haperte es dann doch. Marianne Rosenberg kann singen, das bewies sie auch an diesem Abend. Aber dieser besondere Ton, der den Standard erst zum Jazzstandard macht, der fehlte ihr zu oft. Bei „You go to my head“ wurde einem sogar regelrecht bange ob der Schieflagen. Egal was sie an diesem Abend auch sang, fast immer schwangen ihre Dauerbrenner mit, unterschwellig zwar, aber unüberhörbar. Und so recht entscheiden konnte Marianne Rosenberg sich auch nicht. Mal die erhabene Diva, dann von der grausamen Liebe zu Boden gedrückt, um dann zu berlinern wie Bolles rotzfreche Göre - passen wollte das alles nicht. Und wenn sie einem den Rücken kehrte und in ihrem bodenlangen Ledermantel den Bühnenraum durchmaß, da fühlte man sich stark an die Kinoleinwand erinnert. Matrix goes Jazz? Dem Publikum gefiel es. Viele waren wohl gekommen, um der Diva zu huldigen. Und die bedankte sich mit liebevollem Lächeln und entschwebte schwarz in schwarzer Nacht, wo die böse Liebe reichlich Opfer finden wird. Dirk Becker
Dirk Becker
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