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Kultur: Dornenzeit

Friedenskirche: Musik und Literatur zur Passion

Stand:

Ein merkwürdiges Jahr für die Kirche: Ostern und Frühlingsanfang fallen (wenigstens nach der Gregorianischen Kalenderreform vom 1. März 1582) fast zusammen, Himmelfahrt und 1. Mai liegen genau auf einem Tag. Ohne auf diese merkwürdige Konstellation weiter einzugehen, eröffnet Stadtkirchenpfarrer Markus Schütte am Sonnabend die erste von sieben Veranstaltungen zur Passion in der Friedenskirche. Sie wollen mit Texten und Musik die Passion Christi nacherlebbar machen, von der Stiftung des ersten Abendmahls der Geschichte bis zum Kreuz, seinen Weg von Bethanien bis nach Golgatha. Und wieder hatte man eine große Dornenkrone gebunden, ein spitzes Geflecht von Stachel und Spieß, den Zuhörern vor Augen.

Jeder ist eingeladen, denn „schon nahet die Zeit“, wie es im Titelgedicht „Dornenzeit“ heißt. Christen müsste er ohnehin wichtig sein, denn ihr Glaube ist dieser dornige Weg eigentlich selbst. So nehme also jeder, was er kann: Dem Worte nach hat man sich diesmal, neben dem Neuen Testament, besonders der Hannoveraner Bischöfin Margot Käßmann verpflichtet, die Musiken hingegen sind „frei“. Matthias Jacob wählte für den Auftakt besonders erlesene Orgelstücke aus, alle verhaltenen Tons, wunderbar sanft auch gespielt.

So begann „Dornenzeit“ vor dem ersten Passionstag mit der Passacaglia d-Moll (Bux WV 161) sehr verhalten. Eine ausgesprochene Schönheit unter den Orgelwerken des Nordens, durchweg langsame Tempi, aber verschiedene Tonfärbungen, ein trefflicher Beginn für diese Reihe mit Musik und Literatur. Ähnlich besinnlichen Tones, aber viel düsterer, Prelude, Fuge und Variation h-Moll op. 18 von César Franck. Danach waren drei Choräle aus Bachs Orgelbüchlein zu hören.

Die Bibellesung durch Markus Schütte bezogen sich nach dem Matthäus-Evangelium Kapitel 26, auf das erste Abendmahl und auf die Rolle von Judas und Petrus während des Kreuzweges, Verrat des einen, Verleugnung des anderen bis zur Gefangennahme. Hier hört man auch vom Fast-Verzagen des Menschensohnes ob des Kelches, der da komme, „damit sich die Schrift erfülle“. Über diese „Motive“ machten sich Werner Reiser („Am Tisch des Lebens“) und Annette von Droste-Hülsoff („Gethsemane“ ihre Gedanken, während Margot Käßmann auf ihrem persönlichen „Kreuzweg“ nur allzu nahe über den „Normalmenschen Petrus“ meditierte. Wilhelm Wilms versuchte in seinem Text „Passion“ dann das Kreuz („wir lernten von ihm die Freiheit“) sich selber aufzuladen.

Bleiben noch zwei exquisite Orgelstücke. Olivier Messiaen, Katholik und Neuerer in einem, schuf mit „Der Kampf zwischen Leben und Tod“ eine Tondichtung der besonderen Art. Stets vom „Reiz des Unmöglichen“ getrieben, preist der Part „Im besonnten Frieden der göttlichen Liebe“, was der Titel ausdrückt. Dunkle, sehr ruhige Stimmen auch hier, extreme Zeitmaße, kein dulce jubilo, eher ein innerer Frieden. Zum Ausklang noch solch ein Prachtstück, Samuel Scheidts Psalmus „Da Jesus an den Creutze stundt“. Gerold Paul

Nächste Dornenzeit am 16. Februar um 17 Uhr in der Friedenskirche Sanssouci mit Birgitta Winkler, Flöte, Matthias Jacob, Orgel, Klaus Büstrin, Lesungen

Gerold Paul

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