Von Antje Horn-Conrad: Drache am Drehort
Familienausstellung „Hexe Lilli geht zum Film“ im Filmmuseum eröffnet
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Michael Mittermeier hat genug von Comedy. Er wechselt jetzt ins Charakterfach und schlüpft in die giftgrüne Haut des Flugdrachens Hektor. Dergestalt soll er nach einer jungen pfiffigen Hüterin für das Hexenbuch der altersmüden Surulunda suchen. Hektor findet Lilli, besser bekannt als Hexe Lilli aus über 40 Geschichten des Kinderbuchautors Knister. Die neueste heißt „Hexe Lilli, der Drache und das magische Buch“ und ist zugleich die erste, die es auf die Kinoleinwand geschafft hat. Mittermeier leiht darin dem animierten Drachen Mimik und Stimme.
Der in Babelsberg und Wien gedrehte Film kommt im Februar in die Kinos. Drache Hektor aber „spaziert“ schon jetzt durchs Potsdamer Filmmuseum, quasi als stummer Museumsführer in der neuen Familienausstellung „Hexe Lilli geht zum Film“, die den langen Weg Lillis von der Buchheldin zur Filmfigur beschreibt. „Es war schon immer mein Wunsch, eine Ausstellung parallel zur Produktion eines Films zu zeigen“, sagte Museumschefin Bärbel Dalichow bei der gestrigen Eröffnung und zählte alle Schwierigkeiten auf, die ein solches Unterfangen bislang unmöglich machten. Bevor ein Film nicht auf der Leinwand sei, lasse sich normalerweise kein Produzent in die Karten gucken. Diesmal aber, mit Regisseur Stefan Ruzowitzky, sei alles anders gewesen. Und so kommen die jungen Museumsbesucher nun in den Genuss, einen Film im Entstehen beobachten zu können.
Studio 16 steht an der eisernen Eingangstür, durch die die Kinder die originalen Filmsets betreten. Drache Hektor lenkt den Blick auf das geheimnisvoll ausgeleuchtete Hexenbuch, mit dem Lilli zaubern lernen soll wie die alte Surulunda. Ihr verwunschenes Hexenschiff dürfen die Kinder als erstes erkunden. Eine gemütliche Leseecke lädt darin zum Schmökern in Knisters Büchern ein. Szenenbildner Isidor Wimmer hat hier ein wahrlich zauberhaftes Interieur geschaffen.
Als Modelle im Puppenstubenformat stehen in der anschließenden „Filmwerkstatt“ sämtliche Filmsets und animieren die Kinder dazu, an riesigen Werkbänken selbst Kulissen und Kostüme zu basteln. In der angrenzenden Filmküche fällt ein großer roter Kühlschrank ins Auge, in den der nimmersatte Hektor im Film eingeschlossen und dort beinahe fein gefrostet wird. Was der Drache auf den Schrifttafeln der Ausstellung nicht selbst erzählt, das verraten einige Filmsequenzen, die am jeweiligen Set gedreht wurden. Manche Orte werden die Kinder sofort wiedererkennen: Lilli ist nämlich im Holländischen Viertel zu Hause, wo ihre Mutter einen Buchladen betreibt.
Mit einer echten Kamera können die Kinder durch eine Luke direkt auf den Schreibtisch linsen, an dem Lilli ihre ersten Hexensprüche murmelt. Das versehentlich herbeigezauberte Monster, das sich hinter ihrem Rücken aufbaut, darf selbstverständlich angefasst werden, wie auch alle anderen Dinge in Lillis kunterbuntem Zimmer. Die von Ugla Gräf kuratierte Schau setzt auf Interaktion: Die Kinder sollen kleine Szenen spielen, sich verkleiden, eine Kamera führen und dabei ganz praktisch erfahren, wie ein Film zustande kommt. Im Geistergang des Spukschlosses, der sich in Wirklichkeit im Schloss Marquardt befindet, dürfen sie sogar Gruselgeräusche und schaurige Lichteffekte erzeugen. Kein Filmberuf wird hier ausgelassen.
Knister, der sein neues Lilli-Buch extra auch für den Film geschrieben hat, um von einer schlechten Verfilmung nicht enttäuscht zu werden, gestand, dass er von diesem Medium eigentlich keine Ahnung habe. Wenn er das ändern wolle, meinte Bärbel Dalichow, dann sei diese Ausstellung bestens auch für ihn geeignet.
Antje Horn-Conrad
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