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Kultur: Drei Generationen Mozart

Klassik am Sonntag mit dem Brandenburgischen Staatsorchester im Nikolaisaal

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„Der Apfel fällt nicht weit vom Stamm“ lautete das Motto beim Konzert des Brandenburgischen Staatsorchester im Nikolaisaal. Das gilt jedenfalls für drei Generationen Mozart von Vater Leopold, Sohn Wolfgang und Enkel Franz Xaver. Danach gab es in der direkten Linie keine weiteren Nachkommen. Doch diese drei bewegten sich im Meer der Musik wie Fische im Wasser. Davon konnten sich die Besucher der „Klassik am Sonntag“ überzeugen.

Der strenge Vater Leopold Mozart, Verfasser einer bedeutenden Violinschule, komponierte rund 70 Werke, von denen die meisten in Vergessenheit geraten sind. Eine der bekanntesten Ausnahmen bildet die „Musikalische Schlittenfahrt“, die immer wieder gern zur Winterzeit erklingt. Im Stil der Programmmusik mit Titeln wie „Das schüttelnde Pferd“ oder „Das vor Kälte zitternde und schnatternde Frauenzimmer“ und mit fröhlichen Tanzsätzen wirkt diese lockere Suite direkt auf die Chemie der guten Laune. Von ähnlichen Zuschnitt ist Leopolds originelle „Sinfonia pastorale“ für Corno pastoricio, gewöhnlich Alphorn genannt, die jedoch – zumal in unseren Breiten – eher selten zu hören ist. Aus naheliegenden Gründen, wie der Solist Uwe Holjewilken erklärte. Zum einen ist so ein Alphorn verdammt schwer zu spielen, zum anderen klingt es einfach am besten in seiner natürlichen Umgebung, sprich in den Alpen. Im Konzertsaal ist es eine Rarität, was am begrenzten Tonumfang der Naturtöne liegt, die auch nicht ohne weiteres zu einer temperierten Orchesterstimmung passen wollen. In der Tat besticht Leopolds Sinfonia mehr durch den kuriosen Anblick des riesigen hölzernen Hornes als durch besondere klangliche Reize. Damit ist nichts gegen den Solisten gesagt. Uwe Holjewilken, Hornist an der Komischen Oper, schöpft die spieltechnischen Möglichkeiten des Alphorns mit spielerischer Virtuosität aus.

Das Wort „Serenadengeist“ tauchte erstmals im Zusammenhang mit Wolfgang Amadeus Mozart auf. Ein hervorragendes Beispiel ist die mit 18 Jahren komponierte Serenade D-Dur KV 203. Die Frankfurter überzeugten dabei mit leichtem, präzisem Spiel in kammermusikalischer Besetzung. Nicht zuletzt die Konzertmeisterin Klaudyna Schulze-Broniewska brillierte in den Kadenzen und Soli mit blitzschnellem Bogen, nuancierten Tönen und glockenreiner Intonation.

Nur vier Monate gemeinsame Lebenszeit war Vater Wolfgang Amadeus und Sohn Franz Xaver beschieden. Der jüngste Sohn soll seinem Vater sehr ähnlich gesehen haben, obwohl manch ein Autor Mozarts Schüler Franz Xaver Süßmayr als den eigentlichen Vater ausgemacht haben wollte. Wie dem auch sei, in beiden Fällen hätte er einen musikalischen Vater gehabt und sowieso eine ehrgeizige Mutter, die den Kleinen schon früh zum Musiker bestimmte. Er lebte als angesehener Pädagoge und Pianist in Lemberg und schrieb rund 50 Werke. Eines davon barg die Pianistin Silke Avenhaus aus dem Untergrund des Vergessens. Das Klavierkonzert Nr. 1 C-Dur zeigt das väterliche Erbe in guten Händen. Nun stehen, wie schon bei Wolfgang angelegt, nicht mehr kollektive Suiten und Serenaden, sondern brilliante Soloauftritte im Vordergrund. Das Klavier verschafft dem Individuum Raum für seine Gedanken und Gefühle, denen das Orchester folgt. Ein Werk mit beachtlichem Erfindungsreichtum, melodischem Wohlklang und romantischen Einschlägen, das Silke Avenhaus mit viel Geschick und Temperament kunstvoll in Szene setzt.

Gemeinsam mit dem Brandenburgischen Staatsorchester Frankfurt unter der umsichtigen Leitung von Fabrice Bollon ergab das eine reizvolle Entdeckung.

Babette Kaiserkern

Babette Kaiserkern

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