
© Manfred Thomas
Von Gerold Paul: Eigene Schritte ins Leben
Der Offene Kunstverein und das studentische Kulturzentrum KuZe feierten gemeinsam Jubiläum in den Elfleinhöfen
Stand:
„Die Geburtstagssause“ nannte das Studentische Kulturzentrum KuZe das gemeinsam mit dem Offenen Kunstverein gefeierte Jubiläum am Freitagabend in den „Elfleinhöfen“. Fackeln wiesen den Weg vorbei an der gemeinsam betriebenen Kneipe „exe“. Eine altbewährte Glitzer-Disko-Kugel warf ihr vielfach gebrochenes Licht in den steinalten Hinterhof, es roch nach gebranntem Holz. Allerlei Volk war zum Doppeljubiläum gekommen, junges, und altes.
Vor zwanzig Jahren, inmitten des Totalverfalls, begann hier der „Offene Kunstverein“ seinen alternativen Traum von unbegrenzter Freiheit und „Menschlichkeit“ zu träumen. Seit fünf Jahren kooperiert er mit dem KuZe unterm gemeinsamen Dach, welches sich selbst gern als „KunstWerk“ präsentiert. Die Gründergarde ist im Leben um zwanzig Punkte weitergerückt. Was bleibt da vom Ur-Impuls der „Subversion“, vom Freiraum Kunst, in den deutlich härter gewordenen Zeiten? Die Stadtverwaltung, treue Stütze der Elflein-Avantgarde, grüßte mit freundlichen Worten, das „Land“ hat sich längst verkrümelt, wird aber zurück erwartet. „Wir haben viel gemacht“, war in der obersten Etage zu hören, wo siebzehn große Fototafeln die Köpfe der Aktivisten und ihrer geistigen Kinder verewigt haben.
Viel Rhetorik zum Doppeljubiläum, etwa „Freundschaft lernen“ oder „internationale Arbeit hält jung“, dazu ein Begrüßen und Umärmeln, dass es seine Art hatte. Man kennt sich, man liebt sich, man kann im grenzenlosen Raum Europa über Kooperationen von Italien bis Russland, von Spanien und Bulgarien bis nach China berichten, auch Istanbul wird jetzt ins Visier genommen. Eine junge Pakistani, erstmals außerhalb ihres Heimatlandes aktiv, war in einer der beiden Theater-Geburtstags-Aufführungen im Bühnenraum zu erleben. Die EU bezahlt den kunstvorgebildeten Aspiranten einen Jahresaufenthalt in Potsdam, kommt zumindest für deren „einfache Zimmermiete“ auf. Der Kunstverein selbst betreut mit seinen drei Angestellten derzeit drei Zeichenkurse und fünf Theatergruppen. Manche der Kursanten waren vor zwei Jahrzehnten noch sehr kleine Kinder – so wie jene jungen Mütter, die am Freitag mit ihren Babys huckepack zum Gratulieren kamen.
Ob man wirklich Ziele erreicht hat, war so deutlich nicht zu hören, die Aufgaben bleiben ja auch jenseits „der Sause“ die gleichen: Man will jungen Leuten eigene Schritte ins Leben vermitteln, weg von den erwünschten, genormten. Selbstbestimmt sollen sie sein, international und kreativ – damals wie heute. Mit solchen Invisibilitäten kann man zwar Geburtstage feiern, im Eingedenken schwelgen, sich in Bildbetrachtungen verlieren und einander wiederbegegnen. Was aber hat der fremde Gast davon, der weder die „alten“ Gesichter kennt noch von den vielen Projekten gehört hat, und bestenfalls staunt, wie die Elflein-Höfe in der Geburtsstunde dieses Vereins ausgesehen haben?
Die Fotoausstellung ist nicht für Fremde gemacht, höchstens für ein allgemeines Wohlwollen, zumal man einen Teil davon schon früher gesehen haben könnte. Auch hätte man sich zu diesem Anlass ruhig etwas mehr einfallen lassen können, statt nur plumpe Sprüche wider Potsdams Hochkultur abzulassen, der Kreativen sind dort doch so viele! Vom KuZe war ohnehin nicht viel zu sehen und zu hören. Man kann den fröhlichen Geburtstagskindern, jung und alt, nur ein verwegenes „weiter so – besser so!“ zurufen.
Gerold Paul
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