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Kultur: Ein Abend mit schlechtem Ausgang Monika Maron las

in der Druckerei Rüss

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Ihr aktuelles Buch „Bitterfelder Bogen“ sei kein Roman, sondern ein Bericht, hat Monika Maron wie zur Warnung vorausgeschickt, bevor sie zu lesen beginnt. Tatsächlich ist es dann eine Mischung aus schlichten Reportagestil und schnörkellosem, ruhigem Erzählton, mit dem sie die etwa 60 Besucher, die sich am Samstagabend in der Druckerei Rüss eingefunden hatten, ins heutige Bitterfeld führt.

Es ist eine Erfolgsgeschichte, ein Märchen fast. Eine Stadt, auf die vor 30 Jahren noch täglich 180 Tonnen Flugasche fiel und die kaum einen blauen Himmel kannte, hat sich zu einem der weltweit führenden Standorte für umweltfreundliche Energiegewinnung entwickelt. Und so sind es besonders die wagemutigen Vorreiter dieses Wandels, die Maron in den Mittelpunkt ihres Buches stellt, von denen sie an diesem Abend erzählt. Ohne schmückendes Beiwerk und Pathos zeichnet sie ein schönes und manchmal sogar erfrischend witziges Gesamtporträt dieser frühen Enthusiasten aus Berlin-Kreuzberg und beherzten Menschen aus der Region Bitterfeld. Am Ende ihrer knapp einstündigen Lesung bedauert Maron, dass es nicht Letztere sind, die das Bild der Ostdeutschen prägen. Sie erhält zustimmenden Beifall.

Am anschließenden Gespräch des Leiters des Brandenburgischen Literaturbüros Hendrik Röder mit Monika Maron beteiligt sich schnell auch das Publikum. Ja, es sei sicher interessant und auch selten, dass eine Schriftstellerin eine quasi Wirtschaftsreportage geschrieben hat. Ökonomin sei sie deshalb natürlich noch lange nicht, dies sei nie ihr Ehrgeiz gewesen. Maron hat sich auch nicht für ein Vorher-Nachher, für eine Bilanz im engeren Sinne, sondern für Menschen interessiert, die einerseits auf der Suche nach einem Standort und andererseits nach einem neuen Arbeitsplatz gewesen sind.

Und obwohl erst im Rückblick auf ihren Debütroman „Flugasche“ der unglaubliche Wandel in dieser Region Sachsen-Anhalts offenkundig wird, wird dieser Roman so gut wie gar nicht thematisiert. Gefragt, wie sie das Vertrauen der vielen Akteure dort gewinnen konnte, antwortet Maron etwas belustigt, dass weder sie selbst noch ihr Debütroman in Bitterfeld groß bekannt gewesen seien. Dennoch sei vor allem eine ehrliche Basis wichtig gewesen. So habe sie ihre Aufzeichnungen stets offen gelegt, doch nie Streichungswünsche erfahren. Inzwischen, so erzählt Maron später, drohe zwar insbesondere die Finanzkrise das Bild aus ihrem Buch allmählich einzuholen. Dennoch sei das Selbstbewusstsein der Bitterfelder immerhin noch so stark, dass diese sogar mit einer buchstäblichen „Chemietoleranz“ Eigenwerbung betreiben würden.

So hätte dieser bis dahin gelungene Abend ausklingen können. Doch als die Autorin dann plötzlich noch nach den Gründen für die verzerrte Wahrnehmung der Ostdeutschen und überdies nach ihrer Meinung zur rot-roten Koalition in Brandenburg gefragt wird, gießt sie eine schlechterdings peinliche und absolut überflüssige Polemik in die Runde. Der „Bitterfelder Bogen“ droht hinter Stammtischgeschwätz zu verschwinden, so dass man auf einmal fast dankbar für das Ende der Veranstaltung ist. Daniel Flügel

Daniel Flügel

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