Kultur: Ein Erlebnis
Der Musik allein gehörte dieser Abend nicht. Obwohl das bei Chopin genügen würde.
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Der Musik allein gehörte dieser Abend nicht. Obwohl das bei Chopin genügen würde. Vor allem wenn eine Musikerin wie Hideyo Harada am Klavier sitzt. „Gleich einem Stern, der einsam zieht“ war das musikalisch-literarische Programm der Potsdamer Hofkonzerte Sanssouci am Freitag im Schlosstheater im Neuen Palais überschrieben. Neben Hideyo Harada hatte der Schauspieler Ulrich Noethen auf der Bühne Platz genommen, um zwischen den Walzern, Mazurkas, Etüden und Nocturnes von Frédéric Chopin aus Briefen und Tagebuchaufzeichnungen des Komponisten und berühmten Zeitgenossen wie George Sand, Franz Liszt und Robert Schumann zu lesen. Wer Hideyo Harada und Ulrich Noethen schon erleben durfte, weiß, dass diese beiden es wie wenige andere verstehen, aus dieser Mischung von Lesung und Musik wirklich etwas Besonderes zu machen. So auch an diesem Abend.
Noethen las mit ruhiger, leicht ironischer Stimme aus den Tagebüchern und Briefen Chopins und zeigte so dessen feinen Humor. Er ließ dessen Verzweiflung hörbar werden, nicht mehr in seine von Unruhen und Krisen heimgesuchte polnische Heimat zurückkehren zu können. Mit wenigen Sätzen wurde hier ein Mensch in seiner Vielseitigkeit sichtbar, wurde Inneres offenbar, wie es nicht einmal mehrere hundert Seiten dicke Biografien vermögen. Hideyo Hadara griff die durch Noethens Lesung erzeugten Stimmungen auf und drang noch tiefer in die Seele des Komponisten Chopins vor. Ob das zarte Schwelgen, unterbrochen von einem Aufbäumen, einem Beben in der Nocturne F-Dur, op. 15 Nr. 1, ob die zerrissene Verliebtheit im Walzer Des-Dur, op. 34 Nr.3 oder die so abgründig schöne Klippenlandschaft in der Ballade Nr.1 in g-Moll, op. 23 – Hideyo Haradas Spiel war ein Erlebnis. Dirk Becker
Das Chopin-Programm wird wieder in der nächsten Hofkonzerte-Saison am 25. September 2011 zu erleben sein
Dirk Becker
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