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Kultur: Ein gar süßes Leben

Malerei und Zeichnungen von Barbara Quandt im Kunsthaus Potsdam

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„Ich male, weil es mir Spaß macht. Ich kann auch sagen, es ist eine Leidenschaft.“ Diese Selbstauskunft der fast sechzigjährigen Künstlerin Barbara Quandt ist auf ihrer Homepage zu finden, und immerhin, sie gibt damit einen wichtigen Hinweis.

Nicht jeder Künstler nämlich malt, weil es ihm Spaß macht, manche malen aus Notwendigkeit oder um nicht an der Welt zugrunde zu gehen oder aus innerem Druck, der nach außen gebracht wird – Barbara Quandt aber malt, weil es ihr Spaß macht. Man weiß natürlich nicht immer, ob Selbstauskünfte so zu nehmen sind, wie sie gegeben werden, aber die Sache mit dem Spaß ist den Arbeiten von Barbara Quandt, die zurzeit im Kunsthaus Potsdam hängen, durchaus anzusehen. Farbenfroh und fantasiereich präsentieren sich die meist großen Formate, sie erinnern an Märchen und an den Surrealismus, an kindliche Naivität und –- so der „Kussmund“ – an Man Ray. „Sie tragen nicht nur Samtpfötchen“, nennt die Malerin ein gelbgrundiertes Bild, das sie über eine lange Ebene streckt, auf der ganz hinten ein blaues Ufo mit gelbschwarzen Zähnen gerade gelandet ist. Zartgrüne Zypressen unterbrechen die Feldfläche, im Vordergrund sitzen drei Frauen. Die blondgelockte Träumerin ganz vorne umfasst ihre Knie und hat die Augen sehnsuchtsvoll geschlossen. Daneben wachen zwei riesige Blütenkelche mit vielen Samenlöchern, die in ihrer symbolischen Bedeutung der Grund der Träumerei sein könnten. Zwei Frauen dahinter sitzen auf Bürostühlen, sie tragen blaue Haare und grüne Kleider, wie in einen Muff haben sie von beiden Seiten ihre Hände in einen Doppelblütenstempel gesteckt. So tief in den Samen vergraben entwickeln sie feindliche Konkurrenz.

Es ist eine eigensinnige Symbolisierung des Geschlechterkampfes, derer Barbara Quandt sich in dem „süßen Leben“ bedient. Dabei lässt sie sich manchmal auch ganz auf die Pflanzenwelt ein. Ihr „Lehnitzsee“ besteht aus blauen, grünen und roten Flächen, auf denen alle Sorten von Sporen und Blüten wachsen. Die wuchernden Pflanzenarme des Dschungels scheinen die Menschen zu umschlingen. Auch in der kleinformatigen Serie „Angeseilt– abgeseilt“ dominieren Schlingen und Knoten, Fäden und Bögen, die Wolken-, Finger- und Liniengebilde miteinander in eine vielleicht nicht immer freiwillige Gemeinschaft zwingen: symbolischer Verschlingungswirrwarr.

Aus der Riege der grellbunten Bilder fallen zwei großformatige Werke, auf denen ganz kleine Menschen in einem Urwald herumspazieren oder sitzen und in der schieren Größe der Naturumgebung ein bisschen verloren scheinen. Bei „Waldblume“ hockt ein junges Mädchen im Sommerkleidchen, eine Blume in der Hand in einem Wald aus Riesenbäumen, und in „Rendezvous“ hat sich der junge Mann dazugesellt. Beide stehen etwas verlegen am Fuß der immensen Stämme – aber das Verwunderlichste an diesen Bildern ist die Zweifarbigkeit: schwarz die Umrisse der Menschen und der Natur, und über dem Ganzen liegt wie ein Wasserschleier eine bläuliche Farbe, wie es Träumern manchmal nachts bei Mondschein vorkommen mag.

Alle Gemälde von Barbara Quandt versetzen den Betrachter in eine Wunderwelt, selbst wenn, wie in „die Besucherin“, „das Meereshotel“ und „Paar im Wald“ vor allem die Kleidung ein Stück bekannte Normalität herstellt. Fremdheit und Entrückung erreicht Quandt durch den Kontext und die Anordnung der Figuren. Während das „Paar im Wald“ in Abendgarderobe wie zu einer wichtigen Soirée gekleidet sich stumm zu fragen scheint, was es bloß in dieser farblich übertriebenen Naturidylle zu schaffen hat, sitzt eine Frau im Businesskostüm in „Lebensstil“ auf einem unsichtbaren Hocker und telefoniert, wobei große Rosen auf ihren Kopf zu fallen drohen.

So kombiniert Barbara Quandt den Traum mit Alltagsmotiven, und aus allen ihren Bildern kann sich der Geschichtenliebhaber eine eigene Story zimmern.

Lore Bardens

Bis 17. Juni, Kunsthaus, Ulanenweg 9, Mi-Fr 15 bis 18 Uhr, Sa-So 12 bis 17 Uhr

Lore Bardens

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