zum Hauptinhalt

Kultur: Ein Hippie

Maike Rosa Vogel quälte ihre Gitarre im Waschhaus

Stand:

Krieg, Frieden, Liebe, Menschen: Es ist ziemlich eindeutig, an welcher Thematik sich Maike Rosa Vogel abarbeitet, sie steckt eben fest in der Retrospektive auf eine Welt, die längst untergegangen ist, eine Love-and-Peace-Generation, der die Gitarre wichtigstes Utensil und gleichzeitige Daseinsberechtigung war. Sie hat ein entwaffnendes Lächeln, das an Naivität grenzt, sie ist barfuß, die Gitarre wirkt zu groß für sie: Aber sie wird das Belehrende dann doch nicht los, wenn sie ihre subjektive Perspektive in ihre Lieder einfließen lässt.

Das Vorprogramm wurde sehr kurz, aber sehr solide vom Berliner Duo „Apples in Space“ bestritten, wobei der Gitarrist frappierend an Led Zeppelins Robert Plant erinnerte, mit seiner an die Siebzigerjahre mahnenden blonden Lockenpracht. Allerdings fehlte es ihm etwas an Stimme, was die Sängerin aber beeindruckend kompensieren konnte. Die Songs waren leider in Englisch, was immer etwas Versteckendes hat, zumal der deutsche Akzent nicht zu überhören war. Trotzdem war das schön, ein wenig traurig, eine seicht-tragische Unterhaltung, die niemandem wehtat. Man hätte sich mehr von ihnen gewünscht, die Zeit hätte man Vogel ruhig abziehen können.

Maike Rosa Vogel versucht verbissen, ihre Geschichtchen in hübsche lyrische Bilder zu verpacken, aber ihre Gitarre ist ihr dabei im Weg. Sie ist laut, wird auch nicht gespielt, sondern hektisch geschrammelt, sie benutzt immer wieder die gleiche Abfolge von Akkorden, was ihre Lieder zwangsläufig austauschbar macht. Und wozu braucht Vogel eigentlich ihren Gitarristen Robert Güttler? Der spielte exakt dasselbe wie sie, die Hand rauf und runter im Akkordstakkato. Dieses Gitarrenstereo drückte den Text weg und wirkte nervig, zumal die Songs auch in dieser Eintönigkeit viel zu lang erschienen. Sobald der Gitarrist die Klampfe durch ein Cajón ersetzte, erhielten die Songs automatisch mehr Struktur und wurden angenehmer.

„Ich bin ein Hippie, und ich wollte immer einer sein“, sang Vogel und räumte damit jeden Zweifel an ihrer Intention beiseite. Auch das kurze Reinpusten in ihre Mundharmonika wirkte wie eine Reminiszenz an den jungen Bob Dylan. Und sie hieb wieder auf ihre Gitarre ein, dass man direkt Mitleid bekam - ein Leben als Plektrum in Vogels Hand war alles andere als erstrebenswert, im Zeitraffer an den Stahlsaiten zerrieben zu werden: kein schönes Schicksal. Und doch setzte sich das Stück Plastik durch. Es kam, wie es eben kommen musste: Die Saite riss, mitten im Song. „Das ist mir noch nie passiert", kommentierte Vogel diesen Fauxpas, was mit Sicherheit eine Lüge war. Also wieder Gitarre stimmen: Man war jetzt kurz davor, ungeduldig zu werden. Gegen Ende des Abends hatte Vogel aber Erbarmen, die leiseren und irgendwie besseren Töne setzten sich durch. Oliver Dietrich

Oliver Dietrich

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })