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Kultur: „Ein Juwel voller Charakter“

Klaus Eichhorn spielte an der Grüneberg-Orgel der Französischen Kirche

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Klaus Eichhorn spielte an der Grüneberg-Orgel der Französischen Kirche "Wenn man mit ihm über die Grüneberg-Orgel der Französischen Kirche spricht, gerät Klaus Eichhorn sofort ins Schwärmen: „ein Juwel ist sie!“ Ihre Disposition sei sehr ausgewogen. „Mit ihren speziellen Flöten- und Principalstimmen ist sie für die Musik des 18. Jahrhunderts hervorragend geeignet.“ Kurzum: sie habe „Charakter“. Er muss es wissen, schließlich ist Klaus Eichhorn neben seiner solistischen Tätigkeit noch Professor für künstlerisches Orgelspiel und Generalbass an der Hochschule für Künste Bremen. Doch auch an der Ev. Hochschule für Kirchenmusik in Halle/S. kümmert er sich um den Organistennachwuchs. Allerdings rekrutiere der sich immer stärker aus Fernost und sei manuell nahezu perfekt ausgebildet. In Deutschland hole er sich nur noch den Feinschliff für die anvisierte Konzertkarriere. Berufene für die Tätigkeit an einem Gotteshaus sind sie nicht. Bach würden sie zwar kennen, so Eichhorn, was davor liegt nicht. Zurück in der Heimat, geht es an jene Konzertorgeln, an denen sie nur das romantische Repertoire pflegen wollen. Als Traditionsbewahrer sieht sich dagegen Klaus Eichhorn, der sich, so oft es geht, an ausnahmslos historische Instrumente setzt, um von deren Qualitäten zu künden. Sein Auftritt am Samstag in der Französischen Kirche erinnert fast auf den Tag genau an das 253-jährige Jubiläum der Übergabe des Kirchenbaus an die Gemeinde. Was ihn sicherlich dazu bewogen haben mag, Entsprechendes zu spielen. Zwei schlichte Stücke von Anonymi beispielsweise, die im „Husumer Orgelbuch“ (1758) niedergeschrieben sind. Erst kürzlich wurde es wiederentdeckt. Diese „gut gemachte Gebrauchsmusik“ (Eichhorn) verbreitete entsprechende Stimmungen. Wesentlich strahlender und glanzvoller geht es im „Concerto del Signr. Torelli“ zu, das Johann Gottfried Walther (1684-1748) für Orgel arrangierte. Für die schnellen Ecksätze zieht Klaus Eichhorn helle, fürs Adagio mit Nasat, Rohrflöte und Tremulant gedämpfte Register. Eine kundige Verfahrensweise, die er in fast allen Stücken praktiziert. In Choralbearbeitungen kann die Königin der Instrumente die Reize ihrer Accessoires ausspielen. Unter anderem in Johann Pachelbels (1653-1706) Choralvariationen „Was Gott tut, das ist wohlgetan“, vor deren Veränderungen die geradezu treuherzige Melodie steht. Apart und einprägsam führen sich die reizvollen Abwandlungen vor. Mal ist es die prononcierte Diskantstimme, dann die tremolierende Vierfuß-Oktave, schließlich die liebliche Mixtur. Was und wie Eichhorn spielt, ist wahrlich wohlgetan. Und originell. So wird Johann Ludwig Krebs'' (1713-1780) Choral „Freu'' dich sehr, o meine Seele“ davor und danach von einem F-Dur-Präludium, das „Herzlich lieb hab ich dich, o Herr“ von einem in C-Dur stehenden garniert. Nach gleichem Schema vollzieht sich der Vortrag: als Prolog erklingt das Vorspiel stets silbrig perlend im Diskant, während es als Nachspiel mit gedackten Stimmen ertönt, die das gravitätisch schreitende Pedal figurativ auszieren. Die Choräle werden dagegen durchweg kraftvoll artikuliert. Liedhaft und lieblich singt die Weise „Mache, dich, mein Herz, bereit“ von Johann August Homilius (1714-1785), um auf den gefühlsintensiven Ausflug zu "Romantischen Miniaturen" von J. Chr. Weeber/J. Zundel (um 1839) vorzubereiten. Zurück aus der etwas abseitigen Region, überzeugt die demutsvolle Hinwendung zu Johann Sebastian Bach umso mehr. Einem klarstimmigen, principalscharfen Harmonie-Exkurs („Wir glauben all an einen Gott“ BWV 680) folgt das liebliche „Vater unser im Himmelreich“ (BWV 683), dem wiederum das Allabreve BWV 589. Die Seelenverwandtschaft von Instrument, Komponist und Organist macht erneut staunen.Peter Buske

Peter Buske

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