Kultur: Ein Kontrastprogramm
Viel Ärger und eine neue Ausstellung der Kunstschule Potsdam im Kulturhaus Babelsberg
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Viel Ärger und eine neue Ausstellung der Kunstschule Potsdam im Kulturhaus Babelsberg Von Götz J. Pfeiffer Thea Moritz ist sauer. So sauer, dass sie gar nicht über die aktuelle Ausstellung der Kunstschule im Kulturhaus Babelsberg sprechen mag. Denn die Geschäftsführerin sieht die Arbeit ihrer gestandenen Kulturinstitution durch die jüngste Entscheidung der Stadt torpediert. Was ist geschehen? Bisher betreute die Kommune das Rathaus Babelsberg als Kulturhaus. Seit dem 7. Februar ist die Arbeiterwohlfahrt (AWO) neuer Betreiber und will hier ab August 2005 einen Hort für 70 Kinder einrichten. Sie hätten nichts gegen Kinder, beteuern Thea Moritz und ihr Kollege Peter Bause im Gespräch. Dessen hätte es nicht bedurft, bietet die Kunstschule Potsdam doch seit vielen Jahren auch gut besuchte Kinderkurse an. Und in der aktuellen Ausstellung sind wieder Zeugnisse dieser kulturpädagogischen Arbeit zu sehen. Kursleiter Bause hat seine Schützlinge für die Unterschiede von Groß und Klein sensibilisiert, hat sie großformatige Kalenderblätter mit kleinen Tieren überzeichnen lassen. Ein anderes Mal half er ihnen, Schiffe und Vögel schwimmen und schweben zu lassen, mal gezeichnet, dann wieder in textiler Collage - ein Kontrast zwischen Stift und Stoff. Doch der Ärger über die bedrohlichen Änderungen sind in der Kunstschule größer als die Freude über die schöne Ausstellung. Ihre in Jahren gewonnenen Erfahrungen mit dem Rathaus Babelsberg lassen die Kunstschule sehr zweifeln, ob die von der Kommune getroffene Entscheidung richtig ist. Ein Schulhort im Haus sei nicht gut, besonders im Sinne der Kinder, sieht Geschäftsführerin Moritz voraus und erinnert an die bestehenden baupolizeilichen Auflagen. Auch fragt sie: Wird man die Kinder im Sommer in den Räumen in der 1. Etage über Stunden halten können? Oder sollen sie dann auf dem ungepflasterten, als Parkplatz dienenden Hinterhof spielen? Und wie wird es im Denkmal geschützten Haus aussehen, wenn bei Regen und Schnee 70 Kinder durch das Treppenhaus toben? Überdies sei die Entscheidung der Stadt auch konzeptionell falsch, ist die herrschende Meinung in der Kunstschule, führe sie doch weg von der Kultur und hin zu einem „Gemischtwarenladen“. „In der Stadtverwaltung fehlt das Kulturkonzept“, meint Geschäftsführerin Moritz und nennt den Namen der Beigeordneten für Kultur Gabriele Fischer. Damit ziehen nach dem vergeigten – und jetzt privat finanzierten – Literaturstipendium neue Gewitter am kommunalen Kulturhimmel herauf. Was für ein Signal ist das Beschneiden einer bewährten Kulturinstitution auf dem Weg zur Kulturhauptstadt 2010? Eine Folge der Veränderungen ist auch, dass die Kunstschule künftig nicht mehr in der ersten und der zweiten Etage ausstellen wird, sondern nur noch im obersten Geschoss. Noch haben Arbeiten aus dem Foto-Kurs von Ansgar Koch einen eigenen Raum, um sich an den Wänden auszubreiten. Und die schwarzweißen Aufnahmen, nicht nur die Impression einer „Schreibmaschine“ von Laura Jacobi und der strenge Blick „Positiv/Negativ“ auf dieU-Bahn-Station Olympiastadion von Lucas Wrede, haben sich ihren Platz verdient. Auch der Keramikkurs wird künftig nur noch wenige Objekte zeigen können, von den großformatigen heiteren Kinder-Malereien phantasievoller Figuren und zugehörigen Handpuppen, die jetzt im Flur der ersten Etage gezeigt werden, ganz zu schweigen. Und bald schon werden sich auch die Erwachsenen-Kurse von Peter Bause und Christa Panzner erheblich in der Auswahl der auszustellenden Objekte einschränken müssen. Das ist schade, denn viele der mit kubischen Formen, Strukturen und schwarz-weißer Farbigkeit spielenden Blätter, u.a. die von Inga Köhler, Brigitte Götze, Birgit Hübner und Claudia Böhm, können sich sehen lassen. Um ihren Raum werden in Zukunft auch die plastischen Arbeiten kämpfen müssen. Noch konnten Klaretta Ludwig und Katja Richter einen klassisch-skulpturalen Gegenpol zu den konstruktiven Objekten aus Alltagsgegenständen unter dem Thema „Innen und Außen“ bilden. An der aktuellen Ausstellung sind noch zwölf der gegenwärtig 17 Kurse mit knapp 100 Arbeiten beteiligt. Zukünftig werden es erheblich weniger sein. Eine bittere Ironie ist, dass die Kunstschule ihre Ausstellung „Kontraste“ überschrieb. Ihre Arbeit steht offenbar im Gegensatz zur kommunalen Kulturpolitik. Bis 3. April in der Kunstschule Potsdam e.V., Karl-Liebknecht-Str. 135. Mo-Fr 9-19 Uhr. www.kunstschule-potsdam.de
Götz J. Pfeiffer
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