Kultur: Ein köstliches Lustwandeln im Freien Die orientalische Wandeloper „Lalla Rûkh“
Zwanglos plaudernd stehen 120 erwartungsfroh gestimmte Opernfreunde hinter der Villa Quandt und harren der Ereignisse, die auf sie nach dem Billetterwerb für die Wandeloper „Lalla Rûkh“ zukommen sollen. Nach den Intentionen der Höfischen Festspiele Potsdam sind sie dazu auserkoren, als Hochzeitsgeleit für die indische Prinzessin Lalla Rûkh zu fungieren, die auf väterlichen Wunsch einen ihr unbekannten Prinzen heiraten soll.
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Zwanglos plaudernd stehen 120 erwartungsfroh gestimmte Opernfreunde hinter der Villa Quandt und harren der Ereignisse, die auf sie nach dem Billetterwerb für die Wandeloper „Lalla Rûkh“ zukommen sollen. Nach den Intentionen der Höfischen Festspiele Potsdam sind sie dazu auserkoren, als Hochzeitsgeleit für die indische Prinzessin Lalla Rûkh zu fungieren, die auf väterlichen Wunsch einen ihr unbekannten Prinzen heiraten soll. Was sie natürlich nicht will, aber tun muss.
Widerwillig begibt sie sich in Gestalt von Katrina Krumpane, ständig über ihr Schicksal hadernd, von Delhi nach Kaschmir, über die Berge des Himalaja in die ferne Bucharei. Das Revier um den Pfingstberg bietet dafür, bei ein wenig Fantasie der wandernden Mitmacher, beste Ersatzlösungen (weitere Aufführungen 25. – 28. August). Zum Zeitvertreib schickt ihr der Zukünftige die resolute Anstandsdame Dara (Ilona Nymoen) und den bildhübschen Geschichtenerzähler Feramors (Josip Culjak) entgegen. Die Reise der Prinzessin mit ihrem Sittenwächter Fadladin (Bernd Gebhardt) kann beginnen, und wir zu ihrem Geleit Auserkorenen fügen uns brav in unsere unerwartete Aufgabe.
Die entpuppt sich als das reinste Vergnügen. Und als ein kostümprächtig ausstaffiertes Nachspiel jenes Ereignisses von 1821, als Königin Luises älteste Tochter Charlotte zusammen mit ihrem Gatten Zar Nikolaus I. von Russland auf Staatsbesuch in Berlin weilt. Ihr zu Ehren wird vom orientbegeisterten brüderlichen Kronprinzen Friedrich Wilhelm ein aufwendiges Fest im Berliner Schloss gegeben. Grundlage bildet das Versepos um Lalla Rûkh des englischen Dichters Thomas Moore, das auffällige Parallelen zu Charlottes Lebens- und Liebesweg aufweist. Zu dieser Allegorie schreibt Hofkomponist Gasparo Spontini gefällige Gesangs- und Tanzmusiken, liefert kein geringerer als Karl Friedrich Schinkel die Ausstattung.
Dafür ist beim heutigen höfischen Fest in erster Linie die Natur auf unnachahmliche Weise zuständig, während die staunenswerten Kostüme aus Meisterhand für funkelnde Glanzlichter im Grünen sorgen. Das Solistenensemble und zwei Tanzpaare tragen sie mit Anmut und Anstand, ebenso fünf osmanisch gekleidete Musiker, die sich als Kammerensemble Classic der Deutschen Oper Berlin erweisen und für die Wiedergabe der nicht immer einfallsreichen Spontinischen Klänge zuständig sind, nunmehr in einer Bearbeitung für Bläserquintett.
Als Maître de plaisir fungiert Regisseur Kaspar von Erffa, der uns Hochzeitsgeleiter diskret stets in die richtigen Zuschaupositionen dirigiert. An sechs Stationen wird Rast gemacht: zum Tanzen (Choreografie: Marita Erxleben), Pausieren und Posieren in „lebenden Bildern“. Es geht durch Streuobstwiesen, auf verschlungenen und aufsteigenden Wegen gleich Gebirgspfaden zu Wiesen und zum Pomonatempel, wo sich Lalla nach der sprachmelodisch exzellent erzählten „Romanze der Normahal oder Das Rosenfest von Kaschmir“ in den bildschönen Feramors verliebt. Wir, die wir zuvor von ihm weitere sensibel ausgedeutete Balladen wie die vom „Verschleierten Propheten von Korasan“ oder „Die Peri und das Paradies“ erhörten, wissen längst: hinter dem Geschichtenerzähler verbirgt sich natürlich kein anderer als der bucharische Heiratskandidat. Ihm, das heißt seinem Alias, singt Katrina Krumpane mit lyrischer Sopranlieblichkeit und schöner Mittellage sogar eine Romanze. Doch ehe sie die Maskerade durchschaut, liefern sich die beiden herrlich witzige Wortgefechte. Den größten Teil der Arien trägt Ilona Nymoen als Dara mit mezzosopranistischer, vibratoreicher Nachdrücklichkeit vor. Wie schön: Immer trägt die Musik im Freien – ohne jegliche tontechnische Hilfe! Die orientalische Romanze wird anhaltend bejubelt. Peter Buske
Peter Buske
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