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Sind keine Teletubbies. Derartige Wesen fliegen oft durch die Kunstwelt von Heri Dono.

©  PNN

Kultur: Ein lebendig brodelnder Kosmos

Die Sperl Galerie zeigt Werke des asiatischen Künstlers Heri Dono

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Die Welt sei eine immerwährend blühenden Blume, findet der asiatische Künstler Heri Dono. Allerdings ist dennoch nicht alles eitel Sonnenschein auf dieser Welt. Das zeigen die Bilder von Dono. Und auch in Installationen, Performances und Videos artikuliert der 1960 in West Java/Jakarta geborene Dono seine Sicht der Dinge. Im Universum des Künstlers prallen Welten aufeinander und verweben sich zu einem lebendig brodelnden Kosmos. Orient und Okzident, Asien und Europa, westlicher Comic und asiatische Religionsmythen geben sich ein munteres Stelldichein. Der löwenähnliche Herr der Geister, Baron, führt einen „Beschwörungstanz gegen das Böse“ auf. Kleine Männchen, die unschwer als späte Nachfahren der Blaumeisen aus dem Beatles-Film „Yellow Submarine“ auszumachen sind, fliegen im Geschwader vorbei. Als Dono in Indonesien aufwuchs, wurde das Land von politischen Unruhen und Umbrüchen geschüttelt. Gewalt und Willkür hat der Künstler in Java erfahren. Dies hat Eingang in seine Bilderwelt gefunden, als Dono an der Kunstakademie studierte. Mittlerweile präsentiert er seine komplexen Arbeiten erfolgreich auf internationalen Kunstmessen und Biennalen. Einen Teil seiner Einkünfte verwendet er für soziale Projekte und fördert junge Künstler.

In seiner Ausstellung „The Ship of History“ in der Galerie Sperl würdigt Dono auch dem javanischen Maler Raden Saleh. Der javanische Prinz konnte als erster asiatischer Künstler in der Mitte des 19. Jahrhunderts in Sachsen Erfolge am Hof und beim Bürgertum verbuchen. Ein Selbstbildnis Salehs zeigt einen aristokratischen Schöngeist, der sich mit Haarpinsel und in feines Tuch gewandet als Kunstmaler realistischer Landschaften an die Arbeit macht. Dono dagegen pflegt einen eher pastosen Strich. Seine Figuren sind Fabelwesen, die stellvertretend für die verschiedenen Kulturen, zwischen denen der Künstler pendelt, Kämpfe ausfechten. Surreale Zwitter entstehen, denen Schornsteine aus dem Rücken wachsen, Rauch aus den Ohren quillt und die grinsend mit Bomben in den Händen hantieren.

Dono verweist auf den Animismus, der bei der religiösen Betrachtung der Welt davon ausgeht, dass alles beseelt sei. „Das ist in meinen Bildern wie bei den Simpsons und im Zeichentrickfilm. Da werden die Dinge auch lebendig, können sprechen und fliegen“, so der Künstler. Damit vermischt er allerdings so einiges, das eigentlich lieber getrennt bleiben sollte. Schließlich wollen Walt Disney und Dreamworks mit ihren Zeichentrickfilmen keine Glaubensbotschaften verbreiten, sondern Geld verdienen. Der Ausgangspunkt animistischer Religionen dagegen ist eine grundsätzliche Achtung vor der Welt und ihren allseits beseelten Dingen.

„Alles fließt, alles hat einen Rhythmus“, sagt Heri Dono. In der globalen Welt gebe es keine getrennten kulturellen Sphären mehr. Cartoons, Zeichentrickfilme, asiatische Religion, dörfliche Kultur auf Java, alles vermische sich. So eine Sichtweise hätten schon die Fluxus-Künstler in Europa gehabt. Heute sei die Vermischung der kulturellen Einflüsse in der Person und dem Werk eines Künstler, der verschieden Welten gleichzeitig angehöre, aktueller den je. Das zeige er auch in seinen Performances. Darin lässt Dono einen Affen und einen Drachen stellvertretend für Humanität und Kolonisation aufeinanderprallen. Es sind zwei Pappfiguren, die der Künstler aus Karton geschnitten und bunt bemalt hat. Die javanische Kunst des Schattentheaters (Wayang) beeinflusse ihn bei seinen Performances, erklärt Dono. Traditionelle Wayang-Figuren jedoch sind häufig ausgesprochen ziselierte Gebilde mit grotesken Zügen. Das Schattentheater hat auch in Deutschland seit wenigstens eineinhalb Jahrhunderten recht eindrucksvolle Produktionen hervorgebracht. Dono dagegen begnügt sich mit einem schnellen, groben Zuschnitt der Figuren.

Die Produktionsgeschwindigkeit scheint auch bei seinen Bildern eine nicht unerhebliche Rolle zu spielen. Bei „Freiheit und Eros“ stehen sich zwei sonderbare männliche Wesen gegenüber. Dem einen stecken Pfeile im Körper, das andere blickt aus vier Augen. Die gut ins Bild gesetzten, grotesken Figuren beschwören fantasievoll eine etwas bedrohliche Atmosphäre. Die künstlerische Qualität des Bildes weiß Dono allerdings durch seine handwerklichen Fähigkeiten gründlich zu konterkarieren. Die Leinwand ist an die Außenleisten des Rahmens getackert, nicht auf die Rückseite. Schnell rostende Tackernadeln sind sorglos übergestrichen und an den Ecken ist das immerhin 3000 Euro teure Exponat bereits eingerissen. Diese Sorglosigkeit gegenüber dem Handwerk ist schade. Denn Bilder wie „Rambo hält den Kris“ zeigen, dass der Künstler es durchaus versteht, Popelemente und Insignien asiatischer Kampfkunst im Bild wirkungsvoll zu einem letztlich individuellen Mythos zu verschmelzen.

Die Ausstellung ist noch bis 24. November, mittwochs bis sonntags, 12-18 Uhr, in der Sperl Galerie, Wilhelm-Staab-Straße 10/11, zu sehen

Richard Rabensaat

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