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Virtuos. Ana-Marija Markovina.

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Kultur: Ein musikalisches Eheleben

Die Komponisten Clara und Robert Schumann

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Selten genug sind Kompositionen des Ehepaars Schumann in einem Konzert gemeinsam zu hören. Doch wie sich im fast ausverkauften Nikolaisaal am Sonntag mit den Brandenburger Symphonikern zeigte, kann das ungewöhnliche Konzept aufgehen. Was da unter der Leitung von Generalmusikdirektor Michael Helmrath erklingt, lässt tief in die künstlerische Ideenwelt von Clara und Robert Schumann blicken. Zum musikalischen Vergnügen gesellen sich wieder kleine Lehrminuten, die von Clemens Goldberg im gewohnten Plauderton offeriert werden.

Als Johann Wolfgang von Goethe beim häuslichen Vorspiel über Clara äußerte, das Mädchen habe mehr Kraft als sechs Knaben zusammen, zeigte er wieder einmal und noch in seinem dreiundachtzigsten Lebensjahr stupende Klarsicht. Aus Clara wurde nicht nur eine der berühmtesten Pianistinnen Europas, sondern auch eine Hausfrau und Mutter von acht Kindern. Nur, dass sie von klein auf komponiert hatte, fiel im Verlauf ihres langen Lebens immer mehr äußeren und inneren Umständen zum Opfer, bis sie es kurz nach Roberts Tod ganz einstellte. Da lagen noch vierzig Jahre vor ihr.

Die einzigartigen Früchte des musikalischen Austauschs zwischen Clara und Robert lassen sich in vielen Fällen kaum von einander trennen, so eng sind sie miteinander verwachsen. Den gemeinsamen Liebling Frédéric Chopin hörte Clara zuerst in den Pariser Salons, Schumann zollte ihm in seiner Zeitschrift für Neue Musik höchstes Lob. Dass im ersten Stück des Abends, Claras einzigem Klavierkonzert a-Moll op. 7, viele Anklänge an Chopin hörbar werden, wundert nicht.

Sowohl in den reichen Figurationen des ersten Satzes als auch im Rondo des Finales mit seiner Polonaise schimmern die Klangwelten des Polen. Der zupackende Anschlag, die markant durchgespielte Rhythmik der Solistin Ana-Marija Markovina zeigt, dass ihre Stärken bei Brillanz und Virtuosität liegen, weniger auf subtileren Facetten. Leider klingt die zärtliche Romanze des Mittelsatzes ausladend, breitgewalzt, als wäre es eine Opernparaphrase von Liszt. Selbst der couragierte Versuch des Cellos, wenigstens in der Reprise etwas Poesie hinzuzufügen, wirkt mit saftigem Vibrato eher zwiespältig.

Bei Claras Variationen op. 20 auf ein Thema von Robert besticht die kroatische Pianistin erneut mit temperamentvollem Spiel, beweglichen Arabesken und zackigen Oktavsprüngen, nur punktuell getrübt durch reichlichen Pedalgebrauch. Der begeisterte Applaus wird mit dem rasanten Satz aus der C-Dur-Sonate von Domenico Scarlatti op. 159 belohnt.

Mit Robert Schumanns „Rheinischer Symphonie“ Es-Dur folgt ein symphonisches Schwergewicht, das von Michael Helmrath auswendig und leichthändig dirigiert wird. Selbst bei dieser fünften Aufführung in Folge ist dem Orchester keine Müdigkeit anzumerken. Forsch fallen die Akzente im ersten Satz, vor allem die Pauke sticht etwas über Gebühr hervor, und die Hörner benötigen ihre Zeit zum Warmwerden. Ungewöhnlich schnittig erklingt das Scherzo. Mit butterweich gespielten Terzen und Sexten der Streicher hebt das schwärmerische Idyll des Mittelsatzes an. Anklänge an Mozart verstärken sich im theatralisch-expressiven vierten Satz. So gespielt verweist er nicht auf eine mögliche Erlösung mittels Fugenwerk und protestantischer Choralfrömmigkeit, sondern eher auf Dantes Unterwelt. Mit diesem Werk erweist sich Schumann als würdiger Nachfahre der größten Komponisten und weitsichtiger Erneuerer der Symphonik. Verdiente Ovationen für die Brandenburger Symphoniker beschließen den Start der elften Saison von Klassik am Sonntag. Babette Kaiserkern

Babette Kaiserkern

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