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David Garrett.

© promo

Kultur: Ein Popstar unter den Geigern

David Garrett mit ganz klassischem Programm

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Sie stand und steht ganz im Zeichen der Violine: die 9. Nikolaisaal-Saison, die sich nun allmählich ihrem Ende zuneigt. Ob es der russische Jungstar Valeriy Sokolov war, der britische Gegen-den-Strich-Geiger Nigel Kennedy, die Konzertmeisterin der Kammerakademie Potsdam Yuki Kasai oder das lettische Ausnahmetalent Baiba Skride: sie begeisterten in den vergangenen Monaten mit ganz unterschiedlichen Programmen von Klassik und Jazz bis hin zu zeitgenössischem Repertoire und lieferten durchweg überzeugende Plädoyers für die enorme „Vielsaitigkeit“ ihres Instruments. Und das „Pulver“ ist noch immer nicht ganz verschossen: im Juni wird Benjamin Schmid mit Mendelssohns berühmtem Violinkonzert zu Gast bei der Kammerakademie Potsdam sein (siehe nebenstehenden Artikel). Doch zuvor betritt ein Geiger die Nikolaisaal-Bühne, dessen Name bei Klassik-Puristen eine gewisse Skepsis, bei weniger „vorbelasteten“ Zuhörern indes ungebremste Begeisterung (um nicht zu sagen Hysterie) provoziert: David Garrett.

Garrett gilt derzeit als der amtierende Popstar unter den klassischen Geigern. Damit befindet er sich in einem gewissen Dilemma. Einerseits gelingt es ihm dank seiner großen Virtuosität, einer stilistischen Bandbreite von Klassik über Filmmusik bis hin zum Pop, einer lässigen Selbstinszenierung und nicht zuletzt dank seines glänzenden Aussehens, große Hallen spielend zu füllen und ein Publikum vom Kleinkind bis zum Rentner glücklich zu machen. Andererseits gerät ein klassisch ausgebildeter Künstler, der sich mit solcher Unbekümmertheit den Mechanismen der Unterhaltungsindustrie anpasst, rasch in den Verdacht der Scharlatanerie. Warum eigentlich? Weil die „wahre Kunst“ hierzulande noch immer vor allem mit Ernst, Strenge und Weihe in Verbindung gebracht wird – und weniger mit Freude, Ausgelassenheit und Spaß am „Grenz-Übertritt“. Wer dann auch noch so gut aussieht wie Garrett, hat so gesehen ein echtes Problem.

Mit dem Etikett, der „David Beckham der Violine“ zu sein, hat sich der smarte Deutsch-Amerikaner jedoch längst arrangiert. Was für ihn zählt, ist seine Mission: „Ich sehe es als eine Verpflichtung von jedem Musiker, der nicht älter als 50 ist, junge Menschen für die Klassik zu begeistern.“ Der einst als Jahrhundertbegabung der Klassik-Szene gefeierte Schüler von Itzhak Perlman kennt keine Berührungsängste mit dem Publikum. Der Gedanke, der Popstar unter den Geigern zu werden, kam ihm vor sieben Jahren bei den Nokia Nights Of The Proms in Belgien, den Niederlanden und Deutschland. „Das war das erste Mal in meinem Leben, dass ich ohne Anzug auf die Bühne gegangen bin“, erinnert sich Garrett. „Ich habe klassische Musik in Hallen mit bis zu 17.000 begeisterten Menschen gespielt. Das hat mir schon zu denken gegeben. Ich glaube, das Hauptproblem an der Klassik ist nicht die Musik, sondern der Veranstaltungsort, das ganze Drumherum. Wenn die Verpackung stimmt, dann kannst Du auch die größten Menschenmassen für klassische Musik begeistern.“

Nach diversen Crossover-Projekten der letzten Zeit präsentiert sich der Stargeiger nun (gemeinsam mit der Pianistin Milana Chernyavska) mit einem ganz klassischen Programm, das Werke von Pablo de Sarasate, Edvard Grieg und César Franck enthält. Dass die musikalische Stilpolizei bereits alarmiert ist, kann als ebenso sicher gelten wie das Kreischkonzert der Garrett-Fans, noch ehe der erste Geigenton erklungen ist.

Astrid Weidauer

15. Mai, 20 Uhr, Großer Saal: Stars international (Ausverkauft!)

Astrid WeidauerD

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