Kultur: Ein Requiem für die Biene Willi
Die Bogarts in der ausverkauften Reithalle
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Wer so konsequent an seiner Karriere feilt wie die vier selbsternannten Enkel Humphrey Bogarts, der ist sich auch nicht zu schade, die brandenburgische Landeshauptstadt mit zwei kurz hintereinander stattfindenen Konzerten zu beehren. Und so findet sich das A-Capella-Quartett Die Bogarts, hinter dem sich Tom Heiß, Nico Brazda, Philipp Neumann und Klas Yngborn verbergen, nachdem es im August in der Urania das eher gesetzte Publikum mit traditionellem Liedgut erfreut hatte, am Samstag im Programm des „nachtboulevards“ wieder, um hier seine bissige Seite zu zeigen.
Die Veranstaltungen des „nachtboulevards“ in der Reithalle, der vor allem kleinen Bands aus der Folk- und Rockszene eine Bühne bietet, waren in der Vergangenheit immer wieder nur mäßig besucht. Um so erfreulicher die Tatsache, dass an diesem Abend der Saal komplett ausverkauft und überzählige Gäste schweren Herzens weggeschickt werden mussten. Vielleicht lag es am Charme, vielleicht am guten Aussehen, vielleicht aber auch an den stimmlichen Qualitäten. Oder an der Mischung aus allem, denn davon hatten die vier jungen Männer aus Berlin und Potsdam tatsächlich einiges zu bieten.
In ihrem knapp zweistündigen Programm zeigten die in schlichtem Schwarz gekleideten, klassisch ausgebildeten Jungs – zwei Tenöre, ein Bass und ein Barriton – ihren Hang zu Ironie und Blödeleien, ihr Interesse für den Rock’n’Roll und auch ihre Liebe zu herkömmlichem deutschen Liedgut. Während im ersten Teil des Abends mit Filmmelodien wie „Princess of the Universe“ (Highlander), „Five Hundred“ (Benny und June) oder „Stay“ (La Boum) viel Internationales zu Gehör gebracht wurde und die Vermutung nahe lag, dass hier auch vier eifrige Kinogänger auf der Bühne standen, war der zweite Teil des Abends eher der Natur gewidmet.
Mit einem Augenzwinkern trug Nico Brazda den „Natur-Blues“ von Robert Gernhardt vor und leitete damit über in das erst fröhlich gejodelte und später eher enthemmt gerockte „Im Frühtau zu Berge“. Und weil das so komisch war und die Natur eigentlich eine ganz ernste Sache, war danach erst einmal Schluss mit lustig und mit kämpferisch gereckter Faust wurde Karl des Käfers gedacht. Spätestens hier schieden sich wahrscheinlich die Geister, was den Humor betraf. Die Generation, die in den 80er Jahren mit dem Lied tatsächlich das Bewusstsein der Gesellschaft aufrütteln wollte, reagierte pikiert auf die Blödelversion der Jungs, die schließlich noch eins draufsetzten und „Biene Maja“ anstimmten, deren Geschichte plötzlich eine provokante Wendung nahm. Karl der Käfer, aus seinem Paradies vertrieben, stand auf einmal vor ihrer Tür und Maja trieb fröhlichen Ehebruch. Willi, Majas Ehemann, fand das natürlich wenig komisch und ertränkte sich im Honigglas. Sein tragischer Tod wurde von den Bogarts mit einem angemessenen und feierlichen Requiem vorgetragen. Andrea Schneider
Andrea Schneider
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