Kultur: Ein strahlender Sieger
Europa Galante huldigt Vivaldi in Friedenskirche
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Zum Glück geht es in der Musik nicht um Rekorde, noch gibt es messbare Ergebnisse. Doch wollte man einen Gewinner der Saison ausrufen, so müsste Antonio Vivaldi genannt werden. Beim Hören der vielen italienischen Komponisten bei den diesjährigen Musikfestspielen stachen die Werke des „roten Priesters“ immer wieder hervor, egal ob Sonate, Konzert oder Arie.
Einen großartigen Schlusshöhepunkt setzte am Samstag das Ensemble Europa Galante unter Leitung von Fabio Biondi in der Friedenskirche Potsdam-Sanssouci. Das ausschließlich Vivaldi gewidmete Programm beleuchtete die unterschiedlichsten Facetten seines Werks. Als Komponist ist Antonio Vivaldi ein Phantom geblieben. Sein heutiger Ruhm gründet auf einem einzigen Werk, den „Vier Jahreszeiten“. Doch neben diesem barocken Blockbuster sowie rund 250 weiteren Violinkonzerten finden sich in Vivaldis riesiger Werkliste Solokonzerte für viele andere Soloinstrumente. Zwei dreisätzige „Sinfonias“ zeigten den Komponisten festlicher Eingangsmusik, die bei aller Mehrstimmigkeit doch immer melodiös und gefällig bleibt. Höchst selten bekommt man seine beiden Mandolinkonzerte zu hören. In drei Sätzen wird dem hellen, silbrigen Klang des Instruments, das Sonia Maurer virtuos spielte, viel Raum gegeben. Die Begleitinstrumente halten sich sehr zurück, erklingen fast ausschließlich im pizzicato, nur das Cello darf dunkel grundieren. Vielleicht passen die jeweils nur rund zehn Minuten langen Konzerte von Vivaldi besser in unsere Zeit als ins 19. Jahrhundert. In ihrer komprimierten Kürze und Prägnanz, der Mischung aus Variation und Innovation bei gleichbleibenden Mustern wirken sie wie akustische Videoclips.
Fabio Biondis besonderes Talent als Geiger beschert dem von ihm gegründeten Ensemble Europa Galante nicht bloß ein außerordentlich klangschönes, gesangliches Zusammenspiel, sondern auch solistische Höhepunkte. Virtuos und sensibel, mit goldenen Legatolinien und temperamentvoller Verve spielte Fabio Biondi drei Violinkonzerte, erlesene Beispiele der sprühenden Sinnlichkeit des Venezianers. Erst langsam rückt ins Bewusstsein, dass ein Großteil von Vivaldis Schaffen der Vokalmusik gegolten hat. Neben zahlreichen geistlichen Werken komponierte er auch rund fünfzig Opern. Einen winzig kleinen Teil daraus konnten die Zuhörer in der Friedenskirche genießen. Die Mezzosopranistin Marino de Liso trug Arien und Rezitative aus verschiedenen Opern sowie ein abschließendes „Alleluia“ vor. Sie bezauberte mit einer beweglichen, geschmeidigen, klangreichen Interpretation und wunderbar kultivierter Phrasierung des Gesangs. Prasselnder Applaus und Bravorufe in der Friedenskirche zeigten einmal mehr, dass Vivaldi der strahlende Sieger dieser Musikfestspiele ist.Babette Kaiserkern
Babette Kaiserkern
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