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Kultur: „Eine Art Unterwasserstimmung“

Tobias Lampelzammer über ein „Safari“-Konzert bei „KAPmodern“

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Herr Lampelzammer, „Safari. Ferne Orte – Fremde Tiere“ ist das Konzert am heutigen Dienstag in der Reihe „KAPmodern“ überschrieben. Tierstimmen in der Musik, da greifen Sie dieses Mal auf eine lange Tradition zurück.

Ja, das gibt es schon seit Jahrhunderten, dass in der Musik Tierstimmen imitiert werden. Und vielleicht lässt sich ja sogar der Gesang der Vögel als der natürlichste Ursprung aller Musik betrachten. Aber uns hat mehr gereizt als dieses Spiel mit Tierstimmen, Tierlauten. Denn mit dem Begriff Safari verbindet man ja auch das Unterwegssein auf einer Entdeckungsreise, auf der man unter Umständen auch Wagnisse eingeht und Grenzerfahrungen macht. Dieser Abend ist wie ein Expedition, bei der man sich auf Neues einlässt.

Wie haben Sie diese Expedition gestaltet?

Wir haben sie aufgeteilt einerseits in die Tierwelt und andererseits in die Welt der fernen Länder. Wir haben von Roger Reynolds „The Serpent – Snapping Eye“ ausgewählt. Ein Stück über eine gefährliche Schlange, der man auf so einer Safari nicht unbedingt begegnen möchte. Und dann ist da noch George Crumb, der, angeregt von den Walgesängen, in „Vox Balaenae“ versucht, diese Gesänge mit unseren Instrumenten zu imitieren und in einer Komposition zu verweben.

Auf welche Instrumente hat Crumb dafür zurückgegriffen?

Das sind Klavier, Flöte und Cello.

Nun wirken diese Walgesänge doch recht meditativ. Ein Element, das auch Crumb in „Vox Balaenae“ berücksichtigt?

Es ist natürlich jetzt schwer, über Klänge zu reden. Aber der meditative Aspekt ist in dieser Komposition ganz klar gegeben. Es gibt auch eine klare Bühnenanweisung, nach der das Licht verdunkelt wird, damit eine Art Unterwasserstimmung entsteht. Was uns entgegenkommt, denn so können wir eine Szenerie schaffen, die das Hören dieser Stücke unterstützt.

Und welche fremden Länder besuchen Sie?

Mauricio Kagel hat 1972 „Exotica“ geschrieben, das damals vielleicht noch etwas exotischer als heute gewirkt haben könnte. Denn in unserer globalisierten Zeit sind wir mit den außergewöhnlichsten Phänomenen besser vertraut, als es noch vor 40 Jahren der Fall war. Aber was Kagels Komposition auch heute noch so interessant macht, ist die hier thematisierte Begegnung mit anderen Kulturen und dem Instrumentarium anderer Kulturen. Dazu das Spannungsfeld, das dabei entsteht, wenn europäische Musiker mit solchen fremden Instrumenten auf die Bühne kommen. Und dann ist da noch „Madame de Shanghai“ von Luc Ferrari.

Der Erfinder der Soundscapes.

Ja, er hatte die Idee, Landschaften mit einem Mikrofon aufzunehmen und diese Aufnahmen, diese Soundscapes, mit in seine Kompositionen zu integrieren. Diese Landschaftsaufnahmen verwebt er in „Madame de Shanghai“ mit dem Klang dreier Flöten.

Postkartengrüße von Ihrer Safari sind auch geplant.

Ja, mit einem Werk von Stefano Scodanibbio. Denn Postkarten gehören zum Unterwegssein dazu. Sie sind die Verbindung nach Hause. Und Stefano Scodanibbio greift in seiner Komposition „Postkarten“ Arbeiten des italienischen Dichters Edoardo Sanguineti auf, der sein ganzes Leben in einem Postkartenzyklus verarbeitet hat. Das sind dann letztendlich immer nur Streiflichter, kleine Aspekte, die er da beleuchtet. Berichte vom Unterwegssein vom gesamten Globus. Miniaturen, die zusammen wie ein Mosaik von einem ganzen Leben erzählen.

Würden Sie dieses Bild von der Safari als eine treffende Metapher für das Hören von zeitgenössischer Musik bezeichnen?

Die Sehnsucht nach dem Neuen ist ja in beiden begründet. Die Lust am Suchen und Finden, denn es gibt in der Moderne noch keine Kanon. Dadurch wird ein solches Konzert immer auch zu einem lebendigen Auf und Ab.

Das Gespräch führte Dirk Becker

Konzert am heutigen Dienstag um 20 Uhr im Foyer des Nikolaisaals, Wilhelm-Staab-Straße 10/11. Der Eintritt kostet 15 Euro. Um 18 Uhr spricht Michael Custodis, Professor für Musik der Gegenwart und Systematische Musikwissenschaft, im Einstein-Forum, Am Neuen Markt 7, über „Fremdheit und Nähe in der Musik nach 1900“. Der Eintritt ist frei.

Tobias Lampelzammer, in München geboren, studierte Kontrabass in München, Stuttgart und Berlin. Seit 2003 ist er Solo-Kontrabassist der Kammerakademie Potsdam.

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