Kultur: Eine barocke Sinnenlust Bachkonzert im Schlosstheater
Nicht jeder Künstler, der einmal zur Stippvisite in Potsdam weilte und monarchische Aufmerksamkeit erhielt, darf sich einer noch heute andauernden Beachtung erfreuen. Mit Johann Sebastian Bach ist das anders.
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Nicht jeder Künstler, der einmal zur Stippvisite in Potsdam weilte und monarchische Aufmerksamkeit erhielt, darf sich einer noch heute andauernden Beachtung erfreuen. Mit Johann Sebastian Bach ist das anders. Ganz prinzipiell, versteht sich, und überhaupt. Und so war sein kurzer Besuch im Mai 1747 der erst 260 Jahre später gegründeten Brandenburgischen Bach-Gesellschaft Grund genug, an diesen Potsdam-Besuch mit dem nunmehr übers Jahr verteilten Konzertzyklus „Bach in Sanssouci“ zu erinnern. Zumal dafür mit Exxential Bach ein Ensemble zur Verfügung steht, das sich unter Leitung von Björn O. Wiede konsequent der historischen Musizierweise nebst Erkundung des Geistes der Barockepoche verpflichtet hat. Im Schlosstheater im Neuen Palais gab es am Samstag „Ein Brandenburgisches Konzert“, das gleichzeitig den „Osterfesttagen Potsdam“, einer gemeinsamen Unternehmung von Bach-Gesellschaft, Filmmuseum und Hans Otto Theater, als stimmungsvoller Auftakt diente.
Bestimmt wird die Hommage durch ein wahrhaft königliches Instrument: die Flauto traverso. Als ihre meisterliche Beherrscherin erweist sich dabei erneut die in Potsdam bestens bekannte Jana Semerádová aus Prag. In der Suite Nr. 2 h-Moll BWV 1067 begeistert sie mit langem Atem und ebenmäßigem Ton, gertenschlank wie ihre Statur. Wird die Traversflöte in der einleitenden Ouvertüre zunächst nur als färbendes Register eingesetzt, kommt es alsbald zu konzertierenden Episoden. Behände knüpft sie in der Bourrée eine durchgängige Achtelkette, um später im Menuett für Besinnlichkeit zu sorgen. Zum arabeskenhaften Sturmlauf setzt sie in der finalen Badinerie an. Zur Flötenbegleitung stehen, wie es die Originalbesetzung erfordert, nur zwei Violinen und eine Viola zur Verfügung, ergänzt um Cembalo, Violoncello und Violone als Continuo. Erfreulich auch, dass sich der Klang von originalen Instrumenten des 18. Jahrhunderts mit dem von Kopien und Neuanfertigungen aufs Prächtigste verbindet.
Dabei legt Spiritus rector und Cembalist Björn O. Wiede mit seinen Mitstreitern größten Wert auf Durchsichtigkeit und Ausgewogenheit der Stimmen und der Dynamik. Wo erforderlich, geht es zügig, aber nie gehetzt zu. Die von ähnlichen Ensembles mitunter gepflegte Klangschärfe und Direktheit findet sich bei den Exxentialisten nicht. Dafür viel Wärme, ausdrucksvolles Phrasieren, einfühlsame Rhetorik. Auch im Cembalokonzert A-Dur BWV 1055, dessen Solostimme Björn O. Wiede lauffreudig in den Ecksätzen, seufzerreich im Larghetto tastatiert. In nahezu rauschhafte Tastenaktionen gerät er in der Solokadenz des Allegro-Satzes des 5. Brandenburgischen Konzerts D-Dur BWV 1050. Da fühlt man sich unwillkürlich an unaufhörlich tönende Materie erinnert. Pointiert und brillant, mit Innigkeit und Intensität nicht sparend, sind erneut Traversflöte und die Streicher mit von der Partie.
In der Attitüde hausmusikalischen Musizierens zeigt sich das Violinkonzert a-Moll BVW 1041 vor, das Nadja Zwiener mit anspringender Virtuosität spielt. Klar und weich ist ihr Ton, leicht ihr Bogenstrich, spannend die Rhetorik, herrlich natürlich der Melodienfluss, in dem die motivischen Veränderungen sich aufs Lebendigste forttragen lassen. Im Gegensatz dazu das stockende, kurz phrasierte und straff artikulierte Andante, ehe der süße Saitengesang sich voller barocker Sinnenlust wieder einstellt. Starker und anhaltender Beifall für alle Beteiligten.
Informationen zum Programm der Potsdamer Osterfesttage unter
www.osterfesttage.de
Peter Buske
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