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Kameramann Roland Dressel

© M. Thomas

Kultur: Eine gemeinsame Lesart finden Der Kameramann Roland Dressel wird heute 80

Mit etwas Glück kann man Roland Dressel in der Nähe der Babelsberger Studios auf der Straße begegnen. Denn der hagere, feinnervige Mann mit den weißen Haaren lebt nicht weit von dem Ort entfernt, an dem mehr als drei Jahrzehnte lang vor seiner Kamera Filme entstanden.

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Mit etwas Glück kann man Roland Dressel in der Nähe der Babelsberger Studios auf der Straße begegnen. Denn der hagere, feinnervige Mann mit den weißen Haaren lebt nicht weit von dem Ort entfernt, an dem mehr als drei Jahrzehnte lang vor seiner Kamera Filme entstanden. So herausragende Defa-Filme wie „Das zweite Leben des Friedrich Wilhelm Georg Platow“, „Jadup und Boel“ oder „Olle Henry“. Filme, die in Erinnerung bleiben.

Kinoverrückt sei er gewesen, sagt Roland Dressel oft auf die Frage, wie er denn zum Film gekommen sei. Doch zunächst ging der 1932 in Meerane geborene Sachse nach dem Schulabschluss zu einem Fotografen in die Lehre. „Aber die Vollendung, das war der Film. Die Fotografie war letztendlich ein Schritt dahin. Es ist kein Zufall, es war ein nicht enden wollendes Muss.“

Das Handwerk des Kameramannes erlernte Dressel von der Pike auf durch die Arbeit als Kameraassistent im Defa-Studio für Spielfilme und ein externes Studium an der Betriebsakademie der Defa. Die Wertschätzung für die Beherrschung des künstlerischen Handwerkszeugs, die für ihn bis heute ein bedeutendes Kriterium der Filmarbeit ist, mag damals entstanden sein. Wichtige Lehrmeister waren ihm die Kameraleute Werner Bergmann und der Tscheche Jan Curik, der Gerhard Kleins „Der Fall Gleiwitz“ 1961 fotografierte.

Sein erster Kinofilm, den er nach einigen Arbeiten für das Fernsehen unter der Regie von Siegfried Kühn 1973 drehte, erlebte einen „Fehlstart“. Die Sicht auf die Arbeiterklasse in „Das zweite Leben des Friedrich Wilhelm Georg Platow“ gefiel den DDR-Oberen nicht. Doch das wurde nicht ausgesprochen, sondern der in Schwarz-Weiß und mit Farbmaterial gedrehte Film bekam technische Probleme angelastet, die als Vorwand für einen Exportverbot dienten. Wenn überhaupt war „Das zweite Leben des Friedrich Wilhelm Georg Platow“ nur in Studiokinos zu sehen.

Von seinem Kamera-Kollegen Peter Badel einmal danach befragt, ob es ein Erkennungszeichen für seine Filme gebe, antwortete Dressel: „Ich lebe und arbeite aus menschlicher Übereinstimmung heraus. Stil haben heißt für mich eher dienen, nämlich der Geschichte. Es kommt darauf an, eine gemeinsame Lesart zu finden mit der Regie und dem Szenenbild und der Besetzung. Stil im Sinne von ‚sofort wiedererkennbar‘ scheint mir eine Fessel zu sein und führt zu Standardisierung.“

Und so sind es ganz unterschiedlich fotografierte Szenen, Bilder und Stimmungen aus seinen Filmen, die im Gedächtnis haften: die Szene aus „Jadup und Boel“, in der während einer Rede Jadups ein verfallenes Haus einstürzt; eine Sequenz aus „Das Fahrrad“ – dem Film, in dem er „mit grobem Strich gearbeitet hat, um das soziale Element des Stoffes zum Tragen zu bringen“, wie Dressel es selbst beschreibt – in der Susannes kleine Tochter zum ersten Mal allein mit ihrem Fahrrad um den Brunnen fährt; die suggestiven Tableaus aus „Olle Henry“, etwa der Eisenbahnwaggon auf dem Abstellgleis inmitten einer Trümmerlandschaft; die Szene aus „Fallada – Letztes Kapitel“, in dem die Kamera dem in seinem Haus tobenden Dichter zusieht; die merkwürdig-desolate Stimmung in Heiners Wohnung in „Abschied von Agnes“.

Viele Filme Roland Dressels wurden preisgekrönt. So bekam er beim Nationalen Spielfilmfestival der DDR in Karl-Marx-Stadt dreimal den Kamera-Preis. „Die Frau und der Fremde“ in der Regie Rainer Simons errang auf der Berlinale 1985 den Goldenen Bären. „Mein Herz – Niemandem!“ von Helma Sanders-Brahms wurde auf dem Festival „Szritture e Immagine“ in Pescaro mit dem Kamerapreis ausgezeichnet. Für „Abschied von Agnes“ (Regie Michael Gwisdek) wurde er 1994 mit dem Bundesfilmpreis geehrt. Wie sehr er in seiner künstlerischen Heimat Defa wurzelt, zeigte auch seine Rede anlässlich der Verleihung des Bundesfilmpreises, in der er an all jene dachte, die in langen Jahren dort neben und mit ihm gearbeitet hatten. Am heutigen Freitag wird Roland Dressel, einer der besten deutschen Kameraleute seiner Zeit, 80 Jahre alt. Susanne Klappenbach

Susanne Klappenbach

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