Kultur: Eine Geschichte der Liebe
Marilyn Yalom stellt ihr Buch in Potsdam vor
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Frankreich und die Liebe. Kaum ein anderes Land ist so eng mit diesem Wort verbunden. Egal welche Assoziationsketten man aufbaut, irgendwo hinter Käse und Wein taucht auch immer „l’amour“ auf, meist sogar schon davor. Auch in literarischen Texten ist das Thema Liebe eines der meist verarbeiteten Motive. Somit wundert es nicht, dass sich Marilyn Yalom in ihrem Buch „Wie die Franzosen die Liebe erfanden“ (Graf Verlag, 22,99 Euro) auf die Spuren der französischen Literatur begibt, um herauszufinden, was eigentlich die Essenz der französischen Liebe ausmacht. Dabei untersucht sie neunhundert Jahre voller Herzschmerz und Leidenschaft, beginnend im zwölften und endend im einundzwanzigsten Jahrhundert. Am Montag stellt sie ihre erfrischende Fahrt durch die französische Literaturgeschichte im Potsdamer Literaturladen Wist vor.
Die Romanistin und Feministin Marilyn Yalom wurde 1932 geboren und ist in Washington D.C. aufgewachsen. Heute ist sie Professorin für Französische Literatur und Senior Scholar am Institut für Gender Research an der Stanford University und lebt mit ihrem Mann in Palo Alto, Kalifornien. In ihren Büchern, die in 20 Sprachen übersetzt wurden, widmet sie sich meist frauen-kulturgeschichtlichen Themen. So veröffentlichte sie unter anderem „A history of the Breast“(1997), „A history of the Wife“(2001) und „Birth of the Chess Queen”(2004). In ihrem aktuellen Werk „Wie die Franzosen die Liebe erfanden. Neunhundert Jahre Leidenschaft“ widmet sie sich nun einer literaturgeschichtlichen Untersuchung der französischen Liebe. Dabei geht sie nicht streng wissenschaftlich vor, sondern verwebt auch eigene Beobachtungen und Einschätzungen mit in ihre Ausführungen. Dadurch bekommt das Buch eine sehr persönliche Note, die Wissenschaftler vielleicht abschreckt, dem Genussleser aber das ein oder andere Schmunzeln ins Gesicht zaubern wird. So beginnt sie das Kapitel zur Minne mit einer Erzählung über ein befreundetes Pärchen, das trotz 20 Jahren Altersunterschied und einer Affäre der Frau bis zum Tod des Mannes verheiratet blieb. Sie bezeichnet die Erzählung als „durch und durch französische Geschichte“ und sucht in dem folgenden Kapitel nach den Ursprüngen dieser Lebensart.
Überhaupt geht es in dem Buch weniger um eine genaue Analyse der literarischen Werke als um die Suche nach den Ursprüngen der Lebensart der Franzosen. Hin und wieder macht sie auch einen Ausflug in die französische Filmkultur, die das Bild vom sexuell offenen und liebesverrückten Frankreich stark geprägt hat. Immer wieder zieht sie auch Vergleiche zu dem amerikanischen Umgang mit Liebe und Erotik, der aus ihrer Sicht sehr viel zurückhaltender und prüder ist. Natürlich verliert sie sich dahingehend in dem einen oder anderen Klischee, das tut dem Unterhaltungswert des Buches aber keinen Abbruch. Auch wenn man ab und an vielleicht verwundert den Kopf schüttelt, erfreut man sich doch an der einladenden Sprache und der Detailverliebtheit, mit der die Autorin über die literarischen Werke und die verschiedenen Formen der Liebe spricht. Oft staunt man dabei, wie modern auch ein Roman aus dem Mittelalter sein kann und welche altbackenen Motive sich noch immer in aktuellen Romanen finden lassen.
Und somit bekommt man beim Studieren des Buches vor allem eines: Lust. Lust aufs Lesen, Lust auf Frankreich und Lust auf die Liebe. Sarah Kugler
Marilyn Yalom liest am Montag, dem 19. Mai, um 19 Uhr im Literaturladen Wist in der Dortustraße 17, Eingang Brandenburger Straße. Der Eintritt kostet 5 Euro
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