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Molière als Vertrauten. Der Regisseur Philippe Besson.

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Kultur: Eine Hommage an die Frauen

Philippe Besson inszeniert Molières „Schule der Ehemänner“ als Sommer-Open-Air

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Die Herren sind hier in der Übermacht, zumindest zahlenmäßig. Sechs von ihnen stehen drei jungen Frauen gegenüber. Im Grunde eine klare Angelegenheit, möchte man(n) sagen. Aber wir haben es hier mit Molière und seiner hohen Kunst des entlarvenden Humors zu tun. Und schon der Titel „Die Schule der Ehemänner“ ist als klare Ansage zu verstehen: Wenn hier einer die Hosen an hat, sind es die Vertreterinnen des vom Mann so gern als schwach bezeichneten Geschlechts.

Wie simpel Mann funktioniert und dabei immer noch glaubt, die Weisheit gleich kellenweise konsumiert zu haben, ist ab heutigen Freitag mit Molières Komödie in drei Akten als Sommer-Open-Air im Gasometer des Hans Otto Theaters zu erleben. Gleichzeitig wird uns mal wieder gezeigt, wie clever und geistreich Frau dies zu ihrem Vorteil zu nutzen weiß und Mann um den Finger und ihm gleichzeitig ein Näschen dreht.

Eine Hommage an die Frauen nennt Regisseur Philippe Besson „Die Schule der Ehemänner“. Und durch die überschaubare Handlung und den herrlichen Witz im Grunde perfekt für ein Sommertheater unter freiem Himmel. Die Geschichte um die Brüder Sganarelle und Ariste, zwei schon in die Jahre gekommene Herren, und deren so unterschiedlicher Umgang mit ihnen anvertrauten jungen Frauen, die 1661 in Paris uraufgeführt wurde, hat Besson noch um Musik und ein paar würzige Lieder angereichert. Dazu bunte Kostüme mit viel Glitzer und eine lichtersatte Showbühne. Diese Komödie im Gasometer, so viel scheint jetzt schon klar, liebt die große Geste und die Lust am Klamauk. Aber, betont Besson, eine Klamotte wird sie deswegen nicht.

Für Besson, der in Potsdam schon Molières „Der Menschenfeind“ und „Der eingebildete Kranke“ inszeniert hat, ist dieser französische Theaterautor ein Klassiker im wahrsten Sinne des Wortes. „Molière funktioniert immer“, so Besson. Denn in seinen so scheinbar leichten Stücken verhandelt er Themen, die einfach zeitlos sind. In „Die Schule der Ehemänner“ sind es nun die Liebe, das Gehörntsein und die Eifersucht. Und wie so oft gelingt es dem Meister Molière mit nur wenigen Sätzen Charaktere zu schaffen, über die wir zwar schadenfroh lachen können, die uns aber gleichzeitig einen Spiegel vorhalten. Typen wie der verknöcherte Sganarelle, der trotz seiner verbohrten Ansichten und seinem hanebüchenen Frauenbild Sympathien zu wecken weiß.

Ein halbes Jahr hat Katharina Schlender daran gearbeitet, Molières Sprache behutsam in ein heutiges Deutsch zu übersetzen und trotzdem die Versform der Alexandriner erhalten hat. Eine Versform, die auch für die Schauspieler immer wieder eine Herausforderung darstellt, sagt Besson. Doch wie die sich in die Arbeit gestürzt haben, das begeistert ihn immer wieder. Denn trotz der Absage der Stadt, entsprechend in den ursprünglich geplanten Spielort, der benachbarten Seebühne zu investieren, hat das Theater sich nicht von der Idee der Sommerbespielung abbringen lassen und ist in den Gasometer umgezogen. Und wenn man bedenkt, dass in „Die Schule der Ehemänner“ das menschliche Miteinander verhandelt wird, scheint dieses Industriestahlrund, das ja auch wie eine Arena wirkt, doch ein recht passender Ort zu sein, an dem sich Molières Sprache entfalten kann. Eine Sprache, die so unmittelbar ist. „Eine Sprache, die durch all die Jahrhunderte, durch all die Übersetzungen noch direkt zu mir spricht“, sagt Philippe Besson. Molière sei für ihn in all den Jahren zu einem Vertrauten geworden. Eine Beziehung, auf die man als Zuschauer vertrauen kann. Dazu der Gasometer, über dem sich die Nacht ausbreitet und vorne auf der Bühne tobt frisch-fröhlich-frech das ewige Geschlechterdilemma. Was für eine Vorstellung!Dirk Becker

Premiere am heutigen Freitag, 21 Uhr, im Hans Otto Theater, Schiffbauergasse

Dirk Becker

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