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Starke Akzente. China Moses überzeugte mit Sinnlichkeit und Stimme.

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Kultur: Eine lässige Melange

China Moses und ihr formidables Trio gastierten im Potsdamer Nikolaisaal / Auftritt mit dem Filmorchester Babelsberg

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Höher könnte die Messlatte für China Moses kaum liegen. Als Tochter von Dee Dee Bridgewater hat sie den Jazz-Gesang quasi mit der Muttermilch eingesogen. Zudem tummelten sich schon deren Mutter und Großmutter in der amerikanischen Jazz- und Bluesszene. Ein derartig bedeutendes künstlerisches Erbe konnte China Moses, wie es heißt, erst nach einigen Umwegen annehmen. Was dabei bis jetzt herausgekommen ist, zeigte sie im fast ausverkauften Nikolaisaal.

Die erste Hälfte gehört allein der Sängerin und ihrem formidablen Trio. Eine kurze akustische Einleitung mit Kontrabass, Schlagzeug und Klavier und schon erscheint China Moses mit weißem Petticoat-Kleid und hochhackigen Tigermuster-Schuhen auf der Bühne. Man glaubt sich in eine rauchige Blues-Bar der fünfziger Jahre in Harlem versetzt, so intim, so direkt, so unmittelbar wirkt die Hommage an legendäre Jazz-Sängerinnen.

Gleich eine ganze Reihe von ihnen wird zum Leben erweckt, wobei sich eine lange Traditionslinie bis zu den Ursprüngen von Blues und Jazz auftut. Da ist Bessie Smith und ihr „Kitchen Man“ aus den Zwanzigern, ein „wichtiges Thema auch heute noch“, wie China Moses augenzwinkernd erklärt. Dann Esther Philipps mit dem Song um einen Mann, der sich nicht zwischen „Cherry Wine“ und der Geliebten entscheiden kann. Und „Love me or leave me“, einer der größten Hits, der unzählige Male eingespielt worden ist, auch von der großen Nina Simone.

Auch die Songs von Helen Humes, Aretha Franklin und Mamie Smith bilden den Humus des Jazzgesangs in der femininen Variante. China Moses und ihr formidables Trio grooven und swingen in einer lässigen Melange aus Jazz, Blues und Rock. Rund um den fantastischen Pianisten Raphaël Lemonnier, Fabien Marcoz am Kontrabass und Jean-Pierre Derouard am Schlagzeug wird ausgiebig gejammt.

Kein Zweifel, dass Improvisation das sinnliche Zentrum des Jazz bildet. Mit ihrer manchmal rauchigen, manchmal hauchenden Stimme setzt Moses starke Akzente. Gleich ihr erstes, bei dem berühmten Label Blue Notes erschienenes Album zollte Dinah Washington Tribut. Auch im Nikolaisaal steht dieses Legat aus Soul, Gospel und Blues im Mittelpunkt. Im zweiten Teil gesellt sich das Filmorchester Babelsberg dazu. Zwei eigens bemühte Arrangeure, Peter Hinderthür und Jan-Peter Klöpfel, versetzten dafür Songs wie „What a difference a day made“, „Why don’t you do right“ oder „You’re crying“ mit einer, mit Verlaub, süffigen Klangsoße im Hollywoodstil. Viel zu dominant klingt das rund vierzigköpfige Orchester. Bei den aufdringlichen, elektrisch verstärkten Klängen, die einzelne Instrumente oder Instrumentengruppen wie mit Rotstift hervorheben, ist die Intimität schnell dahin. Zwei willkürlich zusammengefügte Teile bilden eben nicht unbedingt ein organisches Ganzes.

Das einmal gefundene Konzept der Crossover-Konzerte, das diese Allianz begründet hat, liefert kein künstlerisch stimmiges Ergebnis. Da nützt es auch nicht viel, dass Scott Lawton umsichtig und punktgenau das Orchester leitet. Nach der Eigenkomposition „Dinah’s Blues“ beglückt China Moses die begeisterten Zuhörer mit ihrer ausdrucksvollen Stimme bei mehreren Zugaben. Fazit: Sie sollte unbedingt am Blues-Jazz dranbleiben, es steckt ihr einfach im Blut. Babette Kaiserkern

Babette Kaiserkern

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