Von Almut Andreae: Eine Mutmachgeschichte
Angstmän. Eine panische Heldengeschichte. Die Regisseurin Aurelina Bücher über das Stück
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Auf den deutschen Bühnen des Kinder- und Jugendtheaters ist sie seit Jahren beliebt: die panische Heldengeschichte „Angstmän“. Nun steht sie auch am Hans Otto Theater auf dem Spielplan. Aurelina Bücher, als Regieassistentin seit 2007 am Haus, hat das Stück des erfolgreichen Bühnenautors Hartmut El Kurdi für die Reithalle inszeniert. Im Vorgespräch zur morgigen Premiere des Drei-Personen-Stücks steht der jungen Regisseurin Aurelina Bücher die Begeisterung für die „tolle Geschichte“ für Leute ab acht Jahren ins Gesicht geschrieben.
In ihr wird erzählt, wie die neunjährige Jennifer abends damit klarkommen muss, alleine zu Hause zu sein. Ihre Mutter ist Krankenschwester und geht zum Nachtdienst. Jennifer bleibt mit ihren Ängsten zurück und wird überrascht mit höchst ungewöhnlichem Besuch. Ein komplett verängstigtes Geschöpf namens Angstmän hat sich irgendwie in Jennifers Kleiderschrank verirrt. Ihm sitzt die Angst im Nacken, weil er nichts mehr fürchtet als seinen Verfolger Pöbelmän. Dieser lässt nicht lange auf sich warten. Als er an der Tür steht und klingelt, nimmt das Geschehen seinen Lauf.
Zu erleben ist, dass Jennifer, Angstmän und Pöbelmän bei aller Verschiedenartigkeit eins ganz klar verbindet: Jeder von ihnen hat mit Angst zu tun. Pöbelmän ist dick und wird von anderen gehänselt. Was er einstecken muss, lässt er Typen wie Angstmän gegenüber schonungslos pöbelnd wieder heraus. Angst macht Angst, ist eine Erkenntnis des Stückes.
Eine andere, dass es ungeahnte Kräfte freisetzt, wenn man es wagt, sich und anderen seine Ängste und Schwächen einzugestehen. Diese Erfahrung verbindet und eint die drei unterschiedlichen Charaktere. Eingebettet in Situationskomik und witzige Dialoge überwinden sie das, was Angst macht und lähmt.
Liebevoll seien die Figuren von El Kurdi erzählt, lobt die Regisseurin die Stückvorlage. Auch gefällt ihr, dass die Geschichte einerseits aus dem Leben gegriffen scheint, gleichzeitig aber auch etwas Märchenhaftes hat. Aurelina Bücher hat eine Schwäche für Märchen. So wie sie schon immer fasziniert davon war, Geschichten zu erzählen.
Mit dieser Vision landete die 1982 geborene Wiesbadenerin bereits als Schülerin erstmalig am Theater. Die Theaterluft, die sie als Praktikantin schnupperte, wollte sie seitdem definitiv nicht mehr missen. Noch heute liebt Aurelina Bücher dieses Theater-Kribbelgefühl. Sehr bald stand für sie der Wunsch im Raum, als Regisseurin selbst Geschichten zu erzählen. Auf dem Weg dahin war sie neben ihrem Studium an der Universität sowohl als Darstellerin als auch im Rahmen von Hospitanzen in verschiedene Theaterproduktionen involviert. „Angstmän“ ist nun die vierte Regiearbeit von Aurelina Bücher, nach der „Geschichte vom Baum“ ihre zweite für das Kinder- und Jugendtheater des HOT. Es macht ihr in gleicher Weise Spaß, für Kinder wie für Erwachsene zu inszenieren. „Angstmän“, so ihr Eindruck, sei eine Geschichte, die beiden etwas gibt. Wer kennt es nicht aus eigener Erfahrung, dieses Gefühl von Panik, wenn man sich plötzlich ganz und gar allein gelassen fühlt? „Umso schöner, dass es dafür eine Lösung gibt“, sagt Aurelina Bücher mit Blick auf die „panische Heldengeschichte“. An der Erfahrung von Einsamkeit kommt nun mal keiner irgendwann vorbei.
Was das Publikum mit den drei Helden des Stückes erlebt, befreit, auch weil es neben aller Ernsthaftigkeit mit reichlich Komik ausgestattet ist. Die kleinen und großen Zuschauer des Stückes erfahren, dass es möglich ist, über seinen Schatten zu springen. Und dass man Dinge schaffen, bewältigen kann. „Jennifer gibt nicht auf“, bringt es Aurelina Bücher auf den Punkt. Indem sich das Mädchen darauf einlässt, ihre ungebetenen Gäste kennen zu lernen und alle drei Verständnis für die Eigenarten des anderen entwickeln, entsteht etwas sehr Schönes, Unerwartetes. Auch deswegen ist das 2004 herausgekommene Stück „Angstmän“, erschienen auch in Buchform und als preisgekröntes Hörspiel, vor allem eines: eine Mutmachgeschichte.
„Geschichten, die Mut machen“, sagt Aurelina Bücher, braucht es in dieser Welt. Sie selbst fühlt sich immer wieder von Erzählstoffen angezogen, in denen die Auseinandersetzung mit der Erfahrung von Einsamkeit eine Rolle spielt. „Angstmän“ stellt sich einfühlsam diesem Thema und spannt unterhaltsam den Bogen zwischen Ernst und Komik. Auf die Reaktion besonders der Kinder ist Aurelina Bücher gespannt. Denn die jungen Zuschauer, sagt sie, werden ganz spontan zum Ausdruck bringen, wie sehr „Angstmän“ sie anspricht und unterhält.
Premiere 24. Februar, 10 Uhr. Reithalle, Hans Otto Theater
Almut Andreae
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