Kultur: Eine Paganina
Blockflötistin Michaela Petri im Hofkonzert
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Die Schulmusik kann auf sie nicht verzichten, und auch beim häuslichen Musizieren ist die Blockflöte immer ein gern verwendetes Instrument. In der Konzertmusik, auf dem öffentlichen Podium hat sie sich ob ihres „leisen und melancholischen Tons“ (Schubart) und ihres sanften Klangs nicht behaupten können. Heute ist sie ein Instrument für Kenner – hörender wie spielender. Zu letzteren gehört die dänische Blockflötistin Michala Petri, die bereits zum dritten Mal bei den Potsdamer Hofkonzerten im Schlosstheater im Neuen Palais von ihrer Blaskunst künden konnte, assistiert wurde ihr Vortrag ausschließlich vom Klavier. Und zwar auch dann, wenn die Kompositionen nach Cembalo oder Gitarre verlangen. Man darf sich fragen, ob der kernige Klang eines Steinway-Flügels zu den intimen Lautäußerungen der Blockflöte bei barocken Piecen unbedingt passend sei.
Doch Michala Petri verfügt über moderne Instrumente, die kräftige Klänge zu produzieren verstehen, und der Pianist Justus Zeyen hält sich erfreulich zurück. In Bachs Es-Dur-Sonate für (Quer-)Flöte BWV 1031 steuert er klaren Anschlags einen trockenen Ton bei. In den schnellen Ecksätzen bevorzugen beide ein gleichmäßiges Metrum, wobei Petri für durchdringende Klänge sorgt, mühelos mit Trillern und flinken Läufen brilliert. Dem Siciliano verleiht sie dank langen Atems einen innigen Ausdruck. Manches wirkt dabei wie „ausgefranst“, scheint nicht immer ganz sauber in der Intonation zu sein. Auch in Bachs c-Moll-Partita BWV 826 (aus dem 1. Teil der „Klavierübung“) gibt es bisweilen merkwürdige Geräusche beim Schwingen der Luftsäule. Ansonsten darf man sich am Vorführen von mühelos beherrschter Technik bis hin zum spritzig geblasenen Capriccio erfreuen. Doch die eigentliche Domäne der Künstlerin liegt an diesem Abend nicht im Barocken, sondern in romantischen bis neoklassizistischen Gefilden. Wie ein Paganini auf Grifflöchern trägt sie Variations brillantes op.18 von Ernest Krähmer (1795-1837) auf Sopranblockflöte vor. Galant hört sich das Thema an, dem exorbitant schwierige Variationen folgen – eine immer rasanter als die andere. Da kann sich Petris Können im besten Lichte zeigen. Graziös, dann wieder keck, mit scharfen Flötenpfiffen gleich grotesken Ausrufezeichen horcht sie spannungsgeladen die Flötensonate von Francis Poulenc (1899-1963) aus. Wie sich ein Spanier, Eduard Lalo (1823-1892), ein nordisches Land musikalisch vorstellt, führt er in der viersätzigen Fantasie Norvégienne für Blockflöte und Gitarre vor. Auf verschiedenen Instrumenten (u. a. Sopranino) erforscht Michala Petri die unterschiedlichsten Stimmungen bis hin zum pointiert vorgetragenen Presto.
Zwischen all den blasakrobatischen Vergnüglichkeiten hat auch der Pianist seine beifallsbelohnten solistischen Auftritte. Viel Pedaleinsatz verhilft der „Suite pour le piano“ von Claude Debussy (1862-1918) zu einem Klangeindruck von größtenteils gebrochenen, zerfließenden und ineinander verschwimmenden Farben. Weichgetönt, leichten Anschlags, farbschattiert und vielfach abgetönt spielt Justus Zeyen auch Chopins As-Dur-Ballade op. 47 als eine epische Erzählung aus dem Reich der Wassergeister. Peter Buske
Peter Buske
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