
© Manfred Thomas
Kultur: Einer Tat auf der Spur
Regiestudent Christian Klandt sprach im Filmmuseum über seinen Film „Weltstadt“
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Immer wieder erstaunte Christian Klandts Understatement. Dieses Wundern über den Erfolg seines Filmes „Weltstadt“. Da war nichts Aufgesetztes an seiner Art am Dienstagabend beim Aktuellen Potsdamer Filmgespräch im Filmmuseum. Nur immer noch die Überraschung darüber, was aus dem Projekt einer Seminararbeit geworden ist.
„Weltstadt“ ist ein Film von stiller Wucht, der den Zuschauer nicht selten zu erdrücken scheint. Ein Film, der quält und einem nichts schenkt. Und während man im Filmmuseum saß und das verhängnisvolle Treiben auf der Leinwand verfolgte, war man selbst immer wieder verwundert. Aber nicht darüber, dass „Weltstadt“ so erfolgreich ist, sondern darüber, dass dieser Film „nur“ das Ergebnis eines Seminars an der Babelsberger Filmhochschule ist.
Christian Klandt, Regiestudent kurz vor dem Abschluss, hat in „Weltstadt“ eine wahre Begebenheit aus seinem Heimatort verarbeitet. In einer Sommernacht im Jahr 2004 überfielen zwei Jugendliche im brandenburgischen Beeskow einen Obdachlosen im Stadtpark, verprügelten und zündeten ihn an. Klandt kannte einen der Täter und war schockiert über Äußerungen von Beeskowern nach der Tat, die wenig Einsicht oder gar Reue zeigten, sondern nur trotzig von einem Obdachlosen sprachen, um den es ja wohl kaum schade sein dürfte.
Schon 2004 machte sich Klandt in Beeskow mit einer Kamera auf den Weg und befragte Einwohner zu dem Geschehen. Doch als er im Herbst sein Studium an der HFF begann, war keine Zeit mehr für den geplanten Dokumentarfilm, sagte Klandt im Filmgespräch mit dem Radiomoderatoren Knut Elstermann. Erst als ein Seminar zum Thema „Spielfilm“ angeboten wurde, sah er die Chance, dieses Thema, das ihn einfach nicht mehr losließ, wieder aufzugreifen.
Der Film folgt fünf Menschen aus Beeskow, darunter den beiden Tätern Till und Karsten, einen Tag lang und legt dabei das Elend und die emotionale Trostlosigkeit hinter der kleinstadtidyllischen Fassade frei. Klandt lässt den Zuschauer diese Trostlosigkeit und Langeweile gnadenlos spüren. Und die übergroße Wut und Verzweiflung, die in einem Menschen kochen kann, wird fast körperlich fühlbar. Das liegt vor allem an dem grandiosen Schauspiel von Gerdi Zynt als Karsten, dessen Mimik und Gesten schonallein eine derartige Präsenz haben, dass man fast glauben möchte, jeden Moment könnte dieser Kerl, der einem trotz all der Gewalt nie gänzlich unsympathisch wird, selbst in die Gesichter der Zuschauer schlagen.
Er hat seine Wunschbesetzung für „Weltstadt“ durchgesetzt, sagte Klandt. Schauspieler, die schon ohne Sprache überzeugen können, was neben Gerdi Zynt vor allem Karoline Schuch in der Rolle der Steffi gelingt. Sechs Wochen habe man in Beeskow gedreht und in der Stadt unglaubliche Unterstützung erhalten. Im Oktober 2008 war „Weltstadt“ dann in Beeskow zu sehen. Fünf Vorstellungen an zwei Tagen.
„Ich habe gezittert“, sagte Klandt, weil er nicht wusste, wie die Einwohner auf den Film reagieren würden. Wenige Zuschauer verließen die Vorstellung, aber nur, weil sie weinen mussten. Viele haben sich dann bei ihm bedankt. Von seinen Eltern und Großeltern, die noch immer in Beeskow leben, hat Christian Klandt dann erfahren, dass „Weltstadt“ über zwei Monate das Stadtgespräch war. Endlich die Auseinandersetzung mit der Tat, die sich Klandt immer gewünscht hatte. Und obwohl er gedacht hatte, dass sein Film nur die spezielle Geschichte aus einem Ort im Brandenburgischen erzählt, hat er in Gesprächen auf den zahlreichen internationalen Filmfestivals, auf denen „Weltstadt“ mittlerweile lief, erfahren, dass Beeskow überall ist. Dirk Becker
„Weltstadt“ läuft noch am morgigen Freitag, 22.30 Uhr, und Sontag, 28. Februar, 20.30 Uhr, im Filmmuseum
Dirk Becker
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