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Mit Empathie und Ehrlichkeit. Die Sängerin und Pädagogin Christine Wolff.

©   Andreas Klaer

Kultur: Einfach nur berühren wollen

Die Potsdamer Sopranistin Christine Wolff ist am Samstag mit der Singakademie zu erleben

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Zuerst war es ein Schock für Christine Wolff. Doch dann, mit etwas Abstand, waren diese Worte, die sie so hart trafen, eine Art Erleuchtung.

Christine Wolff hatte sich für die Teilnahme an einem Musikseminar der Kammersängerin Ingeborg Hallstein in Weimar entschieden. Die Chance, von der bekannten Opersängerin zu lernen. Gleichzeitig aber auch die Möglichkeit, auf sich aufmerksam zu machen, zu zeigen, was stimmlich in einem steckt. Christine Wolff sang ihre Partien, und als sie fertig war, sagte Ingeborg Hallstein zu ihr: „Das war alles gut, aber bei Ihnen guckt der Ehrgeiz aus jedem Knopfloch.“

Christine Wolff brauchte etwas Zeit, um diese Einschätzung, diese Worte zu verarbeiten. Als Sängerin nicht einfach nur gut zu sein, diesen Anspruch hatte sie. Aber wenn dieser Anspruch in einen Ehrgeiz umschlägt, der sogar ihre Stimme überlagert? Sie fragte sich, warum sie das eigentlich macht? Singen! Und die Antwort war so einfach und so klar: Weil sie damit die Menschen berühren möchte.

Dieses Berühren durch Gesang ist das Motto für die Sopranistin Christine Wolff geworden. Ob nun als Sängerin oder Lehrerin, immer geht es ihr um diesen scheinbar so einfachen Grundsatz. Am kommenden Samstag ist die Potsdamerin als eine von vier Solisten zusammen mit der Singakademie Potsdam und dem Deutschen Filmorchester Babelsberg mit Mendelssohn Bartholdys „Elias op. 70“ im Nikolaisaal zu erleben. Am gleichen Abend wird ihr der Ehrentitel Kammersängerin verliehen.

Wer mit Christine Wolff ins Gespräch kommt, wird schnell von ihrer Herzlichkeit umarmt. Wenn sie von ihrer Leidenschaft redet, ist es wie beim Singen. Sie möchte berühren. Sie möchte überzeugen, etwas von ihrer Begeisterung für die Musik, den Gesang weitergeben.

Ihr Terminkalender ist voll. Als Sängerin hat sie Engagements, die sie durchs ganze Land, durch ganz Europa führen. Und doch dreht sich das gemeinsame Gespräch weniger um ihr Leben als Sängerin, sondern vor allem um ihre Berufung, die Kunst des Gesangs zu vermitteln. „Wenn ich irgendwo zu Gast bin und gebeten werde, etwas zu singen, dann mache ich das gern“, sagt Christine Wolff. Nach einer kurzen Pause fügt sie hinzu, dass sie dies aber nur unter der Bedingung tue, wenn danach alle zusammen singen. Für Christine Wolff ist das, was sich mittlerweile so viele Menschen nicht mehr zutrauen, etwas ganz Selbstverständliches. Auf die üblichen Abwehrreaktionen bei solchen Aufforderungen, dass man nicht singen könne, antwortet Christine Wolff mit dem entwaffnenden Satz: „Wer reden kann, der kann auch singen.“

Vor allem der Chorgesang hat es Christine Wolff angetan, die seit 1993 als freischaffende Künstlerin in Potsdam lebt. Mit der Singakademie Potsdam ist sie nicht nur als Solistin verbunden, die mit den Laiensängern gemeinsam auf der Bühne steht. Christine Wolff ist bei diesem Chor für die Stimmbildung verantwortlich. Mit dem neuen Leiter Thomas Henning versucht sie nun, das stimmliche Potenzial in der Singakademie noch mehr zu fordern.

„Für viele zählt im Chor das Gemeinschaftsgefühl. Man trifft sich, singt zusammen und genießt das“, sagt Christine Wolff. Doch müsse auch die Qualität der Stimmen stärker in den Mittelpunkt rücken, müsse noch oft genug ein Bewusstsein dafür geweckt werden, dass diese Stimme trainiert und so auch gebildet werden kann. Christine Wolff macht dies nicht mit pädagogischem Furor. Ehrlich und bestimmt will sie davon überzeugen, dass mit dem Gesang andere Menschen berührt werden sollen. Und das gelinge im Grunde nur dann, wenn der Gesang ganz natürlich fließt. Nicht gekünstelt oder übertrieben, sondern mit Empathie und Ehrlichkeit. Und mit dem Bewusstsein, dass Singen auch Glück bedeutet. All das hat Christine Wolff damals, nach den harten, aber ehrlichen Worten der Kammersängerin Ingeborg Hallstein verstanden. „Ich bin ihr dafür unendlich dankbar“, sagt Christine Wolff.

Diese Dankbarkeit, die will sie immer weitergeben. Am liebsten zusammen mit Menschen, mit denen sie singen kann, ob nun im großen Chor oder in kleiner, privater Runde.

Felix Mendelssohn Bartholdys „Elias op. 70“ mit dem Sinfonischen Chor der Singakademie Potsdam e.V., dem Deutschen Filmorchester Babelsberg, Christine Wolff, Saskia Klumpp, Michael Zabanoff und Stephan Bootz am kommenden Samstag, 19 Uhr, im Nikolaisaal in der Wilhelm-Staab-Straße 10/11. Der Eintritt kostet 8 bis 19 Euro

Dirk Becker

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