Kultur: Einfühlsam
Bach-Oratorium auf Hermannswerder
Stand:
Mit „Jauchzet, frohlocket“ beginnt Johann Sebastian Bachs berühmtes „Weihnachtsoratorium“, „wohlgerochen“ wird man dann letztlich aufgenommen in den göttlichen Zirkel.
Nun waren auch in der fast überfüllten Inselkirche Hermannswerder die Kantaten 1 bis 3 des Oratoriums zu hören. Unter Leitung von Kantor Dietrich Schönherr musizierten der Schulchor Sek. II. sowie der Projektchor des Evangelischen Gymnasiums, das Kammerorchester Hermannswerder und der Klangkörper der „Potsdamer Orchesterwoche“. Bachs „Weihnachtsoratorium“ als Gotteslob zu geben, versteht sich für die Hoffbauer-Stiftung von selbst. Man brachte neben den ersten drei Teilen auch den letzten, Epiphanias gewidmeten, zu Gehör.
Das besonders Schöne derAufführung war, dass der souveräne Tenor Volker Arndt die Partie des Evangelisten übernahm, auch dass der Engel-Part von den Knaben Moritz und Pinkas Commichau als weißgekleidete Engel von der Kanzel herab gesungen wurde.
Die Interpretation Dietrich Schönherrs versuchte eine ganz schlichte, dem Menschen verständliche Weihnachtsgeschichte zu erzählen, Einfühlung war das Transportmittel, Gemüt wohl das zu Erreichende. Man ging es ruhig an, eher gedämpft als feurig, mehr im leichten Staccato als im Jubelsturm, eröffnete mit Pauken und Trompeten das „Jauchzet, frohlocket“ zum ersten Weihnachtstag. Von den Solostimmen her ist er auf Alt und Bass gestellt. Ausdrucksstark und beeindruckend sicher sang Cornelius Uhle sein „Großer Herr, o starker König“, während Kristiina Mäkimattila zwar genügend Einfühlung mitbrachte, aber zu wenig Volumen. In den tieferen Passagen drang sie leider nicht durch.
Der Chor im ersten Teil blieb eher unauffällig. Nach der barock interpretierten „Sinfonia“-Pastorale hörte man am zweiten Tag eine sehr innige Tenor-Arie „Frohe Hirten“ mit warmer Flötenbegleitung, besagte Engel, das mütterliche „Schlafe, mein Liebster“ sowie den nun kraftvollen Lobpreis „Ehre sei Gott“ des Chores in alertem Tempo. Im dritten Teil wären das zärtlich-schöne Bassrezitativ „Er hat sein Volk getröst“ sowie das Duett für Sopran und Bass „Herr, dein Mitleid“ hervorzuheben, wobei Maria Meckel mit ihrer klaren Stimme gelegentlich etwas zu viel Eifer an den Tag legte. Von Mini-Patzern abgesehen, waren die Chorpassagen gut gearbeitet, der Tonfall dieses Tages blieb eher gedämpft. Ein Extra-Lob den instrumentalen Solostimmen des Orchesters.
Schwungvoll endete diese warmherzige, in Teilen hervorragende Oratoriien-Aufführung mit dem Choral „Nun seid ihr wohl gerochen“. Wie soll man dieses Werk nun empfangen? Immer so, wie es einem geboten wird. Gerold Paul
Gerold Paul
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