zum Hauptinhalt

Kultur: Elvis ausgegraben

Kunstschule Potsdam wieder in Siethen, diesmal mit „Fundamente – auf der Suche nach der Form“

Stand:

Nach Siethen kommt man derzeit zwar nicht auf direktem Weg, aber es lohnt sich trotzdem, die Umleitung in Kauf zu nehmen. Auf dem Gelände des Jugendheimes „Heinrich Zille“ wurde nämlich jüngst ein Ausgrabungsfeld entdeckt. Die Kunstschule Potsdam mit ihren Förderern und Sponsoren hat die Schirmherrschaft für das Grabungsfeld übernommen, Jugendliche aus Deutschland, Dänemark und Polen machten sich eifrig daran, die Artefakte innerhalb einer Woche auszubuddeln und zu rekonstruieren, schließlich lebt man im „Jahr der Architektur“.

So entstand unter dem Titel „Fundamente - auf der Suche nach der Form“ eine sehenswerte Open-Air-Ausstellung aus Stein und Weidenruten, Monierstahl und Farbe, deren integrativen Charakter man gar nicht hoch genug einschätzen kann. Für die Bewohner des zu DDR-Zeiten als Jugendwerkhof genutzten Schlosses, durchweg „sozial Benachteiligte“ mit beklagenswerten Schicksalen, die hier handwerkliche Berufe lernen, hatten dabei genauso „Barrieren zu überwinden“ wie die jungen Künstler von fern.

Aber einer half dem anderen, und so entstand auf diesem Forum eine Vielzahl von originellen Arbeiten, allesamt bestens „in Form“, alle mit Eifer und Liebe gemacht. Ständen (stellvertretend) unter Werken wie „Elvis“, „Verwickelt“ oder „Pantha Rei“ die Kürzel namhafter Künstler, das hübsche Dorf wäre längst zu einer Pilgerstätte für die Eliten der Welt geworden. Aber auch so ist es gut, denn dieses Projekt von 14- bis 17-Jährigen, im Katalog von „Kulturland Brandenburg“ aufgenommen, hat auch viel Lob von den Offiziellen bekommen.

Für die Heimbewohner selbst, darunter auch Trebegänger, ist diese kreative Woche, wo sie unter der Anleitung erfahrener Kunstpädagogen an Pappkulissen für ein Potemkinsches Dorf werkeln konnten, gewiss der Höhepunkt des Jahres. Nun wurde das Gesamtprojekt mit einem großen Fest gefeiert, woran auch das Dorf teilnahm. Die Kulissen sind so gebaut, dass man sie sowohl transportieren wie um die von Sven mit viel Liebe gemalte Kirche auch immer neu kombinieren kann. Die dänischen Künstler entdeckten ein richtiges Wikingerboot, ein Mädchen machte sich die Mühe, aus den harten Gasbeton-Steinen ein Amphitheater zu meißeln, andere kamen gar auf die Idee, den Steinkreis von Stonehenge zu elektrifizieren, denn ein „Kraftwerk“ ist dieser Bau allemal. Schwerer Stein auf einem Weidengeflecht zeigt ein „Unsicheres Fundament“ an, das winzige Haus auf riesigem Fundament eine typische „Fehl-Projektierung“, der wunderbar gearbeiteten „Limes“ schließt das Areal gegen das ehemalige Archäologen-Camp unter der Blutbuche ab. „Ausgrabungsfeld Nr. 5“ weist den Besucher allerdings darauf hin, dass es in Siethen noch weitere geben muss - nur wo? Tolle, sehr intelligente Arbeiten, alle mit Geist und Witz gut in Form gebracht und dezent von Peter Bause betreut.

Das gegenseitige Geben und Nehmen von Heim und Kunstschule, von Handwerk und Architektur, stellte alle zufrieden, die Projektleiterin Thea Moritz, die künstlerischen Betreuer, und natürlich die Produzenten von so viel bestaunenswerter Sichtbarkeit. Der stellvertretende Erziehungsleiter Harald Schulz möchte sich die bereits im vierten Jahr in Siethen organisierte Woche gar nicht mehr wegdenken.

Bis Ende August ist sie im Schlosspark zu sehen, danach im Potsdamer Kutschstallhof. Natürlich auch Elvis, mit steinerner Locke und seiner Gitarre, das Hauptstück der Sammlung.

Gerold Paul

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })