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Julia Borgmeier und Stephan Schill in "Achterbahn".

© Andreas Hueck/Promo

Premiere an der Potsdamer Zimmerbühne: Emotionale Achterbahnfahrt

Das Theater Poetenpack eröffnet mit der französischen Boulevardkomödie "Achterbahn" die Theatersaison in der Zimmerbühne.

Potsdam - In Anbetracht der gegenwärtigen Weltlage, dem Angriffskrieg auf die Ukraine, erwischt man sich immer wieder dabei, den Tag nicht noch mit aufwühlenden Nachrichten oder gar einem Kriegsfilm ausklingen lassen zu wollen. Kann man jetzt noch reinen Gewissens am Theater Komödien zeigen?

Vor Beginn ein Moment der Stille für die Menschen in der Ukraine

Das Potsdamer Poetenpack konnte; und legte am Freitagabend unmittelbar vor der Premiere von „Achterbahn“ jedoch auch einen Moment der Stille zum Gedenken für die Menschen in der Ukraine ein.

Danach perlte die französische Erfolgskomödie „Achterbahn“ von Éric Assous in der Regie von Andreas Hueck fast zwei Stunden lang wie Schaumwein über die Zimmerbühne, die sich in ein schickes Wohnzimmer mit weißer Couch und abstrakter Kunst an den Wänden (Ausstattung: Janet Kirsten) verwandelt hatte.

Deutlich älterer Mann will jüngere Frau verführen

Hier hinein stolpern Juliette (Julia Borgmeier) und Pierre (Stephan Schill), die sich kurz zuvor in einer Bar kennengelernt hatten. Der deutlich ältere Mann hat die junge Frau zu sich nach Hause eingeladen. Ganz offensichtlich in der Absicht, mit ihr die Nacht zu verbringen, während seine Ehefrau und der gemeinsame Sohn im Skiurlaub weilen. Doch es wäre keine französische Komödie, wenn beide davor nicht noch nach allen Regeln der Kunst parlieren würden. Was auch beim Poetenpack hervorragend funktioniert.

„Boulevardkomödien sind eine extrem schwierige Kunst“, sagte der Autor Éric Assous einmal der Tageszeitung Figaro. „Man muss mit mathematischen Gleichungen ans Werk gehen, und alles gleichzeitig bedienen: Literatur, Mathematik und Beobachtung. Ich bin bei allen Proben dabei, um sicher zu gehen, dass der Text, mit dem der Schauspieler konfrontiert ist, auch funktioniert.“

Passende Besetzung, flottes Timing, viele Wendungen

Auch bei Andreas Hueck funktioniert dieser Text. Nicht nur wegen der passenden Besetzung und des flotten Timings, sondern weil diese (Tragik-)Komödie jede Menge Wendungen und viel (Kontrast-)Stoff bietet. Julia Borgmeier ist anfangs die junge Naive und zeigt dann als vorgebliche Prostituierte und später als feministische Journalistin ihre Krallen und erzählt so ganz nebenbei, wie es um die modernen Mann-Frau-Beziehungen bestellt ist.

Dem selbstgefälligen Pierre steigt dabei nicht nur der viele Alkohol, der natürlich mit im Spiel ist, zu Kopf, sondern vor allem die Geschwindigkeit, mit der die junge Frau immer wieder die Zügel in die Hand nimmt, und die rasanten Wendungen der Geschichte rauben ihm letztlich schlichtweg den Verstand. Das kriegt Stephan Schill sehr ordentlich hin.

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Aber die innere Verwandlung, die diese Figur bis zum frappierenden Schluss vollziehen muss, pendelt zwischen den größtmöglichen Extremen. Im zweiten Teil nach der Pause, als Pierre doch seine Ehe retten will, geht ihm leider ein wenig die Puste aus. Und Juliette, die sich dabei in eine Tochter verwandelt, ist zu sehr auf liebes Mädchen gepolt. Da wäre potenziell noch mehr drin gewesen.

Nichtsdestotrotz funktioniert „Achterbahn“ – wie es zahlreiche Aufführungen auch an deutschen Theatern beweisen – wie ein guter Wein. Rund im Geschmack und mit ordentlichem Tiefgang. Denn nicht nur die modernen Geschlechterbeziehungen werden beleuchtet – wie immer auch mit vielen Klischees – sondern hier ergreifen auch Frauen Partei füreinander. Etwas, was sonst nicht so oft auf dem Theater und im wirklichen Leben anzutreffen ist.

Die nächsten Vorstellungen sind am 31. März sowie am 1., 7., 8. und 9. April jeweils 19.30 Uhr in der Zimmerbühne zu sehen

Astrid Priebs-Tröger

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