Kultur: Emotionsgeladen
Das Ensemble Le Passions de l’Ame im Palmensaal
Stand:
Es bringt „frischen Wind in den mitunter spröden Klassikbetrieb“, lobt die „Berner Zeitung“ das Barock-Ensemble Les Passions de l’Ame. Lebendige Interpretation auf historischen Instrumenten von Spezialisten für Alte Musik mit ungebrochener Neugierde auf unbekanntes und bekanntes Repertoire des 17./18. Jahrhunderts. Eine Truppe also, mit der sich das vielseitige, gegen die damalige Konvention geschriebene uvre von Luigi Boccherini auf interessante und auch ungewohnte Weise entdecken lassen müsste. Die Musikfestspiele sahen es ähnlich. verpflichteten für das Programm „Stabat Mater“ am Freitag im Palmensaal im Neuen Garten einige „Passions“- Musiker sowie mit der Sopranistin Claron McFadden und dem Cellisten Roel Dieltiens zwei Solisten der Extraklasse.
Zu Beginn erklingt das g-Moll-Streichquintett op. 46 Nr. 4, das leidenschaftsbewegt, von plötzlichen Stimmungswechseln geprägt, von Anfang an zu fesseln vermag. Ein Wechselbad der Gefühle zwischen lieblicher Höreinladung und schroffer Abweisung. Wie erfreulich, dass sich die Geigerin und künstlerische Leiterin Meret Lüthi dabei als Primaria inter pares fühlt. Keiner drängt klanglich in den Vordergrund – was für ein vortrefflicher Ensemblegeist. Man pflegt einen voluminösen Ton, artikuliert straff, setzt prononciert auf sparsamen Vibratogebrauch, ist dynamisch breit aufgestellt, präsentiert die überraschenden harmonischen Wendungen effektvoll. Doch man kann auch ausdrucksvoll schmachten und gefühlsintensiv seufzen, der koketten Tanzeslust frönen, gewittersturmgleich entfesselt dem Ganzen die Finalkrone aufsetzen.
Ausgeglichen in allen Lagen, voller Klangschönheit und Ausdrucksstärke meistert Roel Dieltiens den Solopart im Konzert für Violoncello und Streicher G-Dur. In der doppelgriffreichen Kadenz grummelt er fast unwirsch in schier unwirklicher Tiefe, um schließlich in höhenjubilierendem Glanz zu enden. Dazwischen hört es sich an, als gingen Traum und Wirklichkeit eines sinnerfüllten Spiels nahtlos ineinander über. Sein gefühlvolles Singen und seine dramatischen Ausbrüche werden durch längere Ritornelle unterbrochen, in denen Sabine Stoffer (zweite Violine), Lucile Chionchini (Viola), Rebecca Rosen (Cello) und Love Persson (Violone) ganz von ihrer staunenswerten Spielkultur künden. Was im Adagio an Klage und tiefbetrübter Trauer erklingt, verweist in seiner Gefühlsintensität auf das nachfolgende „Stabat Mater“ für Sopran und Streichquintett. Seine bewegende, zu Herzen gehende Wiedergabe setzt dem kleinen, aber feinen Boccherini-Minifest der letzten Tage den Höhepunkt. Komponiert mit italienischer Arienkunst und ziemlich rossiniesk angelegt, versteht es Claron McFadden mit ihrer glutvollen, ungewöhnlich farben- und schattierungsreichen Stimme restlos zu überzeugen. Sie fühlt fast körperlich den Schmerz von Jesu Mutter unterm Kreuz, schöpft zwischen profunder Tiefe über eine ausgeprägte Mittellage bis hin in leuchtende Höhen alle nur erdenklichen Ausdrucksnuancen aus. Der Beifall will kein Ende nehmen. Peter Buske
Peter Buske
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: