Kultur: Entdeckung
Neue Vortragsreihe des HBPG eröffnet
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Ein Landtagsneubau am Ort des Stadtschlosses könne er sich nur mit der historischen Schlossfassade vorstellen. Dies erklärte Gert Streidt am Sonnabend zum Auftakt der Vortragsreihe „Potsdam. Ein historische Entdeckung“, die das von ihm geleitete Haus der Brandenburgisch-Preußischen Geschichte (HBPG) veranstaltet. Potsdam, in dem kein starkes Bürgertum der Krone in den Weg trat, sei durch den Gestaltungswillen der Hohenzollernherscher geprägt worden und werde durch deren Bauten noch heute geprägt. Auch der Neubau am Alten Markt müsse sich an den durch Knobelsdorff, Gontard, Schinkel und andere herausragende Baumeister gesetzten Maßstäben messen lassen – eine nüchterne Fassadengestaltung, wie auf jüngsten Entwürfen zu sehen, werde ihnen nicht gerecht. Streidt erinnerte daran, dass zahlreiche beim Schlossabriss geborgene Fassadenelemente für den Wiedereinbau zur Verfügung stehen.
Als Schirmherr der „historischen Entdeckung“ hatte Oberbürgermeister Jann Jakobs zuvor darauf hingewiesen, dass Potsdam durch Zuzüge stark wächst und inzwischen bereits 145 000 Einwohner zählt. Besonders an die „Neubürger“ wende sich die Vortragsreihe, um sie mit der Geschichte ihrer Wahlheimat vertraut zu machen und ihnen das Einleben zu erleichtern. Streidt folgte diesem Anliegen und ließ einem stadthistorischen Überblick über das Wirken der Hohenzollern eine Fülle an Messbildaufnahmen von Gebäuden der Krone, des Militärs und der Verwaltung folgen. Er hatte aber das Pech, dass sich im Publikum die „Neu-Potsdamer“, für die diese Informationen gedacht waren und wichtig gewesen wären, recht rar machten. Für den Stamm engagierter und heimatverbundener Stadtbürger, der auch diesmal dominierte, bot der Vortrag nicht allzu viel Neues. Das HBPG und sein Partner Potsdam-Museum sollten deshalb darüber nachdenken, wie sie die Reihe für ansässige und hinzu gekommene Potsdamer gleichermaßen interessant machen.
Dazu bieten die nächsten Vorträge durchaus Ansatzpunkte: „Wissenschaft, Forschung und Gelehrte an der Havel“ (Klaus Arlt am 22. April) und „Städtische Kultur im Schatten der Residenz“ (Thomas Kumlehn am 20. Mai). Auch die Fortführung der Themen bis in die Zeitgeschichte und die Gegenwart wäre zu empfehlen, so wie dies Streidt mit seinen Hinweisen zur Landtagsfassade bereits praktizierte. Beste Möglichkeiten dafür öffnet Thomas Wernickes Vortrag „Stadtschloss und Alter Markt“ (26. April). Und schließlich könnte man die Reihe etwas aufpeppen. Nichts gegen schwarz-weiße Messbilder. Sie bringen die Proportionalität und die Erhabenheit der Bauten herüber, aber nicht ihre Schönheit und Ausstrahlungkraft. Einige Farbfotos inzwischen restaurierter und in altem Glanz leuchtender Gebäude (beispielsweise Große Stadtschule) einzufügen, dürfte kein Problem sein.
Für eine Überraschung sorgte bei der Premiere der Schirmherr der Reihe. Jann Jakobs sieht, obwohl es am 17. Juni auch einen Vortrag „Die Russen in Potsdam“ (Hannes Wittenberg) gibt, die Kolonie Alexandrowka unterrepräsentiert, in der er bekanntlich wohnt. Deshalb möchte er selbst einen Vortrag über die einst für russische Sänger-Soldaten errichtete Siedlung halten. Auf dieses Angebot ging HBPG-Direktor Streidt sofort ein und wird die Reihe um den Auftritt des Oberbürgermeisters erweitern. Erhart Hohenstein
Erhart Hohenstein
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