Kultur: Erinnerung an Otto Becker
Gelungene Gedenkfeier in der Friedenskirche
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Gelungene Gedenkfeier in der Friedenskirche Mehr als zweitausendmal ist Otto Becker auf den Turm der Garnisonkirche gestiegen, um die Glocken für ein Konzert zu intonieren. Den Dienst als Kantor, Organist und Glockenspieler versah Otto Becker bis zur Zerstörung des Gebäudes beim Brand von Potsdam in den letzten Kriegstagen. Bei einer gutbesuchten Feier in der Friedenskirche in Potsdam Sanssouci wurde des vielseitigen Musikers gedacht und zugleich für den Wiederaufbau von Potsdams tönendem Wahrzeichen geworben. Der vor fünfzig Jahren im gesegneten Alter von 84 Jahren verstorbene Otto Becker war fast bis zuletzt als Musiker aktiv gewesen. Wie sein Enkel Klaus-Peter Becker berichtete, betätigte er sich noch im achten Lebensjahrzehnt als Pianist bei vielen Konzerten. Angefangen hat Otto Becker, der 1870 als Sohn eines Tischlermeisters in Breslau geboren wurde, mit der Violine. Seine herausragende musikalische Begabung führte rasch dazu, dass er Konzertmeister wurde und mit dem Mendelssohn-Preis für junge Musiker ausgezeichnet wurde. In Berlin studierte Becker Klavier, Orgel sowie weitere musikalische Fächer und wirkte als Klavierbegleiter in den Violinklassen von Karl Markees und Joseph Joachim. Die Orgel wurde zu seinem wichtigsten Instrument, doch trat er auch immer wieder als Kammermusiker in verschiedenen Formationen auf. Mit seiner ersten Frau, der Geigerin Bianca Samolewska, und seinem Sohn Curt gründete Otto Becker das „Potsdam Trio“, das in den zwanziger Jahren sehr bekannt wurde. Schon frühzeitig setzte er sich für Max Reger ein und führte dessen Orgelwerke auf, als den außergewöhnlichen bayrischen Komponisten noch niemand so recht schätzte. Als Otto Becker 1910 zum Organisten der Garnisonkirche berufen wurde, hatte er zwar nie zuvor ein Glockenspiel betätigt, aber er erlernte es schnell. Bis zum ersten Weltkrieg spielte er nur auf kaiserliche Anweisung, anschließend auf eigene Initiative. Historische Tonaufnahmen aus den Jahren 1933 und ca. 1940, darunter „Üb immer Treu und Redlichkeit“, brachten einigen der Zuhörer die Zeit in Erinnerung, als „Potsdam noch eine klingende Stadt war“, wie Referent Andreas Kitschke bemerkte. Weitere Originalaufnahmen aus dem Deutschen Rundfunkarchiv zeigten Otto Becker als virtuosen Organisten an der Wagner-Sauer-Orgel der Garnisonkirche und als Leiter des Staats- und Domchores Berlin. Einige Orgelkompositionen von Max Reger ergänzten die liebevoll zusammengestellte Gedenkfeier für Otto Becker. Der Erneuerer der Orgelmusik im Geist der barocken Polyphonie und der religiösen Musiktradition von Bach bis Bruckner hatte sein op. 69, Nr. 1- 5 dem damals noch in Berlin tätigen Organisten gewidmet. Drei kleine Stücke daraus trug der junge Organist Tobias Scheetz auf der neuen Woehl-Orgel der Friedenskirche sehr empfindsam vor. Bei der großen Fantasie und Fuge für Orgel op. 40 Nr. 1 zog Scheetz die zahlreichen Register der Orgel ohne Scheu vor Brausen und Sausen und erzeugte großartige, expressive Tongebilde aus polyphon ineinander verschlungenen Klängen. Babette Kaiserkern
Babette Kaiserkern
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