Kultur: Erlaubt ist, was Spaß macht
Neujahrskonzert mit Fine Arts Brass im Nikolaisaal
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Wird es rasend schnell vergehen, fast wie im Fluge? Wird es gleich einem Sportpferd uns gehetzt durch die Wochen und Monate tragen und uns dann am Ende ein wenig ratlos fragen lassen, ob schon wieder ein Jahr vorbei ist? Oder wird es eher taumeln, mal hier, mal dorthin, träge wie eine Hummel über grüne Wiesen? Gedanken, die einem durch den Kopf gehen, wenn man am späten Nachmittag des Neujahrstages im Nikolaisaal sitzt und zusammen mit Fine Arts Brass und dem Brandenburgischen Staatsorchester Frankfurt das Jahr 2010 begrüßt.
„Ein spritziger Cocktail aus englischem Humor, klassischen Zutaten und musikalischen Überraschungen“ waren versprochen und darauf hatten viele Lust. Das Konzert war ausverkauft und die Stimmung gelöst. Ein Blick ins Programmheft zeigte, dass es in diesem Neujahrskonzert vor allem um eines ging, wie Dirigent und Gute-Laune-Maestro Howard Griffiths fast am Ende der kurzweiligen Revue bekannter Melodien auf den Punkt brachte: Spaß haben. Und dazu gehört nun einmal, ob es dem ernst dreinblickenden Konzertbesucher passt oder nicht, klatschen und mitsingen. Geschunkelt aber wurde nicht. Soweit wollte wohl auch Howard Griffiths nicht gehen. Doch erlaubt ist, was Spaß macht und die Gassenhauer, die Griffiths und seine Musiker im Nikolaisaal boten, hatten genug Potenzial dafür.
Ob die „Jockey-Polka“ von JosefStrauß, der „Banditen-Galopp“ von Johann Strauß jr. oder der berüchtigte „Hummelflug“ von Rimsky-Korsakow – es gab ausreichend Gelegenheit, sich der Musik entsprechend, den möglichen Verlauf des noch so jungen Jahres auszumalen. Die Frankfurter spielten zupackend und lustvoll, schreckten vor gelegentlichen Verkleidungen genauso wenig zurück wie vor Johann Strauß jr.’ „An der schönen blauen Donau“. Ja, diese Komposition wurde geschickt vor der Pause platziert. Und so sah man im Anschluss manch älteren Herren schwungvoll die Treppe zum gewissen Örtchen nehmen, dabei pfeifend die Donau-Melodie auf den Lippen. Dass mancher sogar am Ende der Treppe nicht aufhören wollte, seine Mitmenschen pfeifend an seiner guten Laune Anteil haben zu lassen, soll hier nicht weiter erörtert werden.
Nun ist das Problem mit einem Programm, das fast ausschließlich auf Wohlbekanntes setzt, dass ganz schnell die Beliebigkeit obsiegen kann. Und so war es auch beim Neujahrskonzert im Nikolaisaal. Ob Rossinis Ouvertüre zu „Der Barbier von Sevilla“ oder zu „Wilhelm Tell“, ob Johann Strauß jr.’ „Tritsch-Tratsch-Polka“ oder die Ouvertüre aus Händels Feuerwerksmusik, das Orchester schlug sich wacker, doch Akzente blieben aus und so rauschte alles fröhlich und fast schon belanglos vorbei. Einzig die fünf Blechbläser von Fine Arts Brass setzen Glanzlichter mit Heinrich VIII. „Pastime with good company“ oder mit George Gershwins „They can’t take that away from me“. Doch das Publikum war hier von jeder Nummer begeistert, klatschte und sang auch mit und forderte natürlich seine Zugaben. In dieserHinsicht war das Neujahrskonzert ein voller Erfolg. Dirk Becker
Dirk Becker
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