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Mit dem Grobgemachten. Die Kunst von Ingo Pehla.

©  Urania

Kultur: Eroberung der Landschaften

Ingo Pehlas Collagen, Drucke und großformatige Arbeiten in der Urania

Stand:

Landschaften haben nicht einfach nur irgendwelche Strukturen, sie sind Struktur. Und sie wollen etwas bedeuten. Das wussten nicht nur der holländische Radierer Hercules Seghers oder Caspar David Friedrich, noch Karl Hagemeister sah in der Landschaft eine „Trägerin des seelischen Elements“. So ähnlich scheint auch der Potsdamer Maler Ingo Pehla an seine Motive heranzugehen, auch wenn er sich in Stil und Ästhetik von diesen Meistern ganz erheblich unterscheidet. Bevor sich der gebürtige Schwedter intensiv mit der Malerei beschäftigte, war er als Architekt, Farbgestalter und Restaurator unterwegs. Er hat auch ganz hübsch in der Potsdamer Kultur- und Architektur-Szene mitgemischt. Nun malt er Landschaften, um sie sich dann zu erobern. Etliche davon sind derzeit in der Urania zu einer Ausstellung zusammengefasst. Ein Narr, wer sich eine solche Begegnung entgehen ließe.

Was Pehlas großformatige Arbeiten bedeuten, ist zunächst nicht auszumachen. Man wird sie so zu lesen versuchen, wie er sie gemalt hat, also von der Struktur her. Mit ihr fängt es an, mit ihr hört es auf, den Rest besorgen die Farben. Dazu teilt er die zur Verfügung stehende Bildfläche mit kräftigem Pinsel zunächst skizzenhaft auf. Eine ziemlich wild bewegte Grund- oder Horizontlinie schafft ihrerseits neue Ebenen. Ingo Pehla verwendet meist gedeckte Mischfarben, die er dann für eine Fläche monochrom verwendet. Oder er frottiert oder schichtet bis zum gesuchten Effekt. Weiß ist in diesen seltsamen Bildwerken öfter präsent, sonst sind reine Töne eher selten. Manchmal setzt er Komplementärfarben nebeneinander, mal lässt er großen Oberflächen einfach ihre obere Fläche, seine Landschaften lassen sich ja eh wie Anrisse und wie Draufsichten lesen. Es gibt darin keine Details, vor allem fehlen die Menschen.

Wenn man sich nicht allzu lange mit dem Grobgemachten und seinen Geziertheiten aufhält, kommt man seinem Anliegen vielleicht näher. Man hat es ja mit nichts weniger als einer raffinierten Doppelstrategie zu tun: Wer Pehlas Bilder unbedingt abstakt finden möchte, der soll. Wem es nach Konkretem gelüstet, der findet. Beides ist möglich, beides ist drin, selbst bei fehlender Tiefendimension. Natürlich halten seine Eroberungen auch intellektuelle Sinngebung bereit, wie etwa bei „Bruch“ oder „Wahr und Sein“, wo die jäh abfallende Amplitude inmitten der Landschaft eine Katastrophe im Menschen darstellt. Wie Sisyphos, so hat auch er sich mit einem ziegelroten Klotz herumzuplagen, er muss sich mit dem einzigen Lebewesen seiner Bilder, einer Sphinx, beschäftigen. Hier und da bleiben solche Ansätze formal und betont flächig, sonst viel Struktur, starke Farbkontraste, Risse und Verwerfungen, ein fremder, zurückweisend-kühler Impetus: Binnenlandschaften zur Eroberung sind das schon, trotzdem scheint es, als hätte sich Pehlas Dreischritt Struktur-Fläche-Landschaft bereits von selbst erledigt.

Das kann man vom zweiten Teil dieser Ausstellung nun gar nicht sagen. Spielerisch leicht und witzig wirken Pehlas Papiercollagen im kleineren Format. Wenn er nicht gerade nachsichtsvoll „Aber Majestät!“ anmahnt oder Schloss und Hütte darstellt, zeigt er immer wieder das vierfüßige Kuhtor in der Lennéstraße in unterschiedlichen Variationen. Und hier ist stets etwas dahinter: eine alte Buchseite, das Zeitungspapier von gestern. Will dieses Portal hineinführen, will es etwas verdecken, verstecken? Hier ist nicht viel zum Erobern, wohl aber mit Schmunzeln viel zu entdecken. Gerold Paul

Gerold Paul

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