
© Museum Barberini
Kultur: Erst denken, dann gucken
Das Museum Barberini widmete sich schon vor der Schau mit einem Symposium den Impressionisten
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Sie ist bekannt dafür, immer wieder neue Aspekte auch im Werk bekannter Künstler zu finden: Ortud Westheider, die Leiterin des neu entstehenden Palais Barberini. Und nicht erst, wenn das Museum im Januar kommenden Jahres seine Pforten öffnet, ist genau diese Qualität gefragt. „Impressionismus. Die Kunst der Landschaft“ wird dann die erste Ausstellung im neuen Museum heißen. Schon jetzt – am vergangenen Dienstag – fand ein hochkarätig besetztes Symposium dazu statt. Denn auch knapp 150 Jahre später gibt es zu den Impressionisten immer noch viel zu forschen.
Initiiert hatte die kommende Ausstellung schon der ausgeschiedene Gründungsdirektor Peter Joch, Westheider kuratiert sie. Die Impressionisten sind seit Jahrzehnten Publikumslieblinge, zahlreiche Ausstellungen und Wohnzimmerausstattungen mit Kunstdrucken künden davon.
In der Kunstsammlung von Hasso Plattner, Mäzen, Software-Millionär und Gründer des Museums, befindet sich ein erhebliches Konvolut von Werken der Impressionisten. Die Bilder werden nun in einem größeren Zusammenhang zu sehen sein, sagt Westheider. „Sicherlich, wir schauen uns auch um, was aktuell an Landschaftsmalerei entsteht und prüfen, wie sich da eine Verbindung zum Museum herstellen lässt“, so die Kuratorin. Erwartet werden darf also nicht nur eine Feier der beschwingten Freiluftmalerei mit Werken aus dem 19. Jahrhundert, sondern auch ein Diskurs mit der Gegenwart, jedenfalls in der weiteren Planung des Museums. In Vorbereitung der Impressionisten-Schau steckten nun beim Symposium Kunstwissenschaftler der einzelnen Sektoren ihre Felder ab. Westheider hatte sich übrigens gerade mit dieser Art der vorbereitenden wissenschaftlichen Arbeit vor Beginn der eigentlichen Ausstellung am Bucerius Forum in Hamburg – wo sie herkommt – einen Namen gemacht.
Das will sie hier in Potsdam am Museum Barberini fortsetzen – und mit der Schau im kommenden Januar „Wege ins Bild“ zeigen. Sprich: Wie kam es zum Impressionismus, was hat ihn bedingt und begünstigt? Mit den Vergleichen von Landschaftsbildern aus dem 18. und 19. Jahrhundert will Westheider deutlich machen, auf welchen neuen Pfaden die Impressionisten wandelten, als sie mit ihren Farben in die Landschaft aufbrachen.
Dieser Aufbruch war ein doppelter. Denn erst mit der Erfindung der Tube, aus der die bereits angemischte Ölfarbe auf die Palette gedrückt werden konnte, sei es wirklich möglich gewesen, auch in der freien Natur mit Ölfarbe zu malen, so Westheider. 1841 erhielt der Maler John Rand, der sich über eintrocknende Ölfarben geärgert hatte, ein Patent auf die erste aus Blei gefertigte Tube. Damit war die Revolution der Landschaftsmalerei eingeläutet.
Aber es sollte noch einige Zeit dauern, bis die Maler wirklich massenhaft in die Natur aufbrachen und sich dem Rausch der Farben der Natur hingaben. Dann aber „entstand eine neue Auffassung von Bildern und Natur. Die Faune und Nymphen wurden aus den Wiesen und Tümpeln gescheucht“, sagt der Kunstwissenschaftler Christoph Heinrich, der das Denver Art Museum leitet und für das Barberini einen Katalog- und Ausstellungsteil beisteuert. Während in den Jahrhunderten zuvor die Natur nahezu ausschließlich als Staffage, als Hintergrund, gedient hatte, bekam sie nun einen Eigenwert. War zuvor die Narration und die Geschichte entscheidend, die vor einer Naturkulisse erzählt wurde, so war es nun möglich, den Dünen und Bäumen, dem Meer und den Seen eine eigene Schönheit beizumessen.
Dumme Bäume und plumpe Haufen seien da entstanden, kommentierte dann auch ein früher Kritiker die Bilder der Heuhaufen und Pappeln, die der Impressionist Monet gerne in Serie malte. An sich hatten die Impressionisten gar keinen Bruch mit der Tradition beabsichtigt, auch lag der Fokus zunächst gar nicht auf der Landschaftsmalerei.
Bereits die Maler der Schule von Barbizon hatten sich Anfang des 19. Jahrhunderts von den mythenverbrämten Prachtschinken der Barock- und Rokoko-Maler abgewandt, malten allerdings vorwiegend im Atelier und auch meist mit dunklerer Farbpalette. Erst Claude Monet – dessen Seerosen etwa heute eine Art ästhetischen Common Sense darstellen – wandte sich der seriellen Variation von Landschaftsansichten zu, die durch keine Figur mehr behelligt werden. Seerosen, Dünen, die Ansicht der Kathedrale von Rouen erglühen in verschiedenen Lichtstimmungen, ohne dass der Blick durch dargestellte Personen abgelenkt wird. Die Impressionisten-Schau im Barberini wird zahlreiche Beispiele der Entwicklung und Höhepunkte vereinigen. Richard Rabensaat
Richard Rabensaat
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