Kultur: Erwartungsvoller Appell an die Mitwelt
Bilder von Marianne Kühn-Berger seit 17 Jahren erstmals wieder in Potsdam zu sehen / Demnächst auch Ausstellung in der Bibliothek
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Bilder von Marianne Kühn-Berger seit 17 Jahren erstmals wieder in Potsdam zu sehen / Demnächst auch Ausstellung in der Bibliothek In Potsdam war das Werk der 1937 in Breslau geborenen Künstlerin und einstigen Schülerin von Max Schwimmer, Marianne Kühn-Berger, zuletzt im Jahr 1987 aus Anlass ihres sechzigsten Geburtstages im damaligen Kulturhaus Marchwitza – heute Altes Rathaus – in einer Ausstellung gewürdigt worden. Die nunmehr im PDS-Haus realisierten Schau hatte die Landesgeschäftsführerin des Brandenburgischen Kulturbund e.V., Carla Villwock, angeregt, die mit der Künstlerin, die in Neuruppin beheimatet ist, seit vielen Jahren freundschaftlich verbunden ist. In ihrer Begrüßung zur Ausstellung hob Carla Villwock das innere Engagement Marianne Kühn-Bergers hervor, das sich wie ein roter Faden durch das facettenreiche Werk der Malerin, Grafikerin und Journalistin zieht. Ihre Bildsprache sei „nie Selbstzweck, nie Ausdruck bloßer Selbstdarstellung und Selbstgenügsamkeit“ gewesen, vielmehr „Appell an die Mitwelt, kompromisslos und zugleich erwartungsvoll“ Aus den rund 40 Arbeiten, die Marianne Kühn-Berger für die Zusammenstellung der Potsdamer Schau „DENK-SICHTEN“ zur Verfügung stellte, hat Siegfried Lachmann als Kurator etwa die Hälfte ausgewählt. In Aquarellen, die zum Teil als Sechsfarbendrucke umgesetzt wurden, Handzeichnungen, Aludrucken und Ölbildern hat Marianne Kühn-Berger höchst persönliche Ansichten zum Ausdruck gebracht. Sichtweisen, die sie in Zeichnungen und Bildern durchweg aus einer inneren Betroffenheit, ja in manchen Fällen müsste man hinzufügen, aus einem Leiden an der Welt heraus zu Papier gebracht hat. Es sind Botschaften, die in den gezeigten Darstellungen oftmals verschlüsselt verborgen sind. Nur gelegentlich teilen sich die in den einzelnen Blättern mittels einer sehr persönlichen Bildsprache formulierten Botschaften unmittelbar mit. In einigen Fällen ist eine ergänzende Erklärung unumgänglich, um die Bildintension der Künstlerin zu erfassen. So im Falle der Grafik „Tendenz steigend“, deren Titel den Betrachter möglicherweise zunächst in eine vermeintlich positive Richtung führt. In Wahrheit handelt es sich bei der ironisch gebrochenen Darstellung um die symbolhaft verdichtete Grunderfahrung von Einsamkeit, die gerade Frauen im Alter erfasst, so der erklärende Kommentar der Künstlerin. Dergleichen gesellschaftliche Übel mehr sind seit etlichen Jahren Thema ihrer künstlerischen Arbeit. Die Alugrafie „Träume Goldenes Wenn“ reflektiert das Problem, das mehr und mehr Frauen mit Alkohol und Drogen haben, und in den humoristischen Zeichnungen „Gloria Moneta“ oder „Geld macht so glücklich“ ist der Ironie auf den schnöden Mammon reichlich Genüge getan. Nicht Handlungsanweisungen sind es, die Marianne Kühn-Berger mit ihren Arbeiten gibt, vielmehr eindringliche Fragen und Kommentare zu gesellschaftlich bedingten Schieflagen, wobei der im einzelnen betroffene Mensch immer im Mittelpunkt ihres Interesses steht. Als Medium der Befragung und Selbstbefragung sind es die Frau und ihre Attribute, die der Künstlerin auf der ästhetischen Ebene als bevorzugtes Sprachrohr und Bildsujet dienen. Das Blatt „Mit Hut durchs Gestrüpp“, das auch auf dem Plakat zur Ausstellung wiederkehrt, ist Marianne Kühn-Berger zufolge zu lesen als ein Aufruf an die Frauen, mit verstärkter Aufmerksamkeit durch das Leben zu gehen. Eben dieser Appell offenbart sich in ähnlicher Weise in dem Aquarell „Träume nachts erlaubt“. In nicht wenigen ihrer Arbeiten spürt die Künstlerin menschlichen Irrwegen und Abgründen nach. Viel Erfahrung, auch Enttäuschung, manchmal Bitterkeit verschaffen sich da Gehör. Dennoch ist es nicht Resignation, die als bleibender Eindruck der Ausstellung zurückbleibt, sondern die Entschiedenheit einer am Leben gereiften Künstlerin, den Herausforderungen des Lebens mit der gebotenen Offenheit ins Auge zu sehen. Almut Andreae „DENK-SICHTEN“ bis 5. Mai im PDS-Haus, Alleestraße 3. Öffnungszeiten: Mo-Fr 8 bis 17 Uhr. Eine weitere Personalausstellung unter dem Titel „NACH-DENKEN“ ab dem 16. April in der Stadt- und Landesbibliothek Potsdam.
Almut Andreae
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