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Kultur: Es waren zwei Königskinder

Tanztheater Berlin-Brandenburg im Schlosstheater im Neuen Palais

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Nicht immer ist das Leben leicht. Selbst für Königskinder nicht, sogar wenn sie am Preußischen Hof geboren werden und eigentlich alle Privilegien genießen, die man sich nur denken kann. Wenn sie nämlich einen engstirnigen und brutalen Vater haben, wie das bei Friedrich dem Großen und seiner Lieblingsschwester Wilhelmine der Fall war, nützen auch Geld und Heiratsaussichten nichts. „Zwischen Träumen und Staastraison“ lautet der Titel des Tanztheaterstücks des Jugendensembles des Tanz-Theaters Berlin-Brandenburg, das am Samstagnachmittag im ehrwürdigen Schlosstheater eine Aufführung hatte.

Nicht alle Reihen waren restlos gefüllt, und ob das an der merkwürdig historisierenden Art der Darbietung oder am Schnee lag, war nicht zu ergründen. Namenlos betrat eine Frau – vielleicht die Regisseurin und Choreographin Friederike Nebel – zu Beginn die Bühne, um mitzuteilen, dass es im Schloss Königs Wusterhausen, wo das TanzTheater probiert, aufgrund des berühmten Geizes des Soldatenkönigs immer noch nicht ausreichend Heizwärme gebe und deshalb das gesamte Ensemble erkältet sei. In der Tat musste die Darstellerin der Sophie Dorothea, Gemahlin des Soldatenkönigs und Mutter der vielen Kinder, immer wieder mal husten, was ihrem adelig erhobenen Kopf allerdings nicht die Würde nahm. Leider waren nirgendwo die Namen der Darsteller erkenntlich, und doch haben diese Kinder und Jugendlichen den größten Anteil daran, dass das zeitverrückte Spiel, eine Mischung zwischen Tanz und Schauspiel, doch ein gewisser Erfolg war.

Immer sind die jungen Leute in ihren historischen Kostümen dazu angehalten, zur zeitgenössischen Musik von Telemann, Händel, Bach und anderen ballettös zu schreiten, und das war ein wenig gewöhnungsbedürftig. Menuette und Verbeugungen wirken heutzutage, wenn sie so ungebrochen historisch daherkommen, schon seltsam. Der gute Regieeinfall, das Geschwisterpaar Friedrich und Wilhelmine spiegelbildlich zu verdoppeln, hob sich wohltuend gegen die zwischen Sprechszenen und historischen Tänzen wechselnde Darbietung ab – und war das einzige Zugeständnis an eine wie auch immer geartete Moderne. Gute Leistungen brachten die Tänzerinnen, meist junge Mädchen oder Frauen, und insbesondere die starke Bühnenpräsenz des Soldatenkönigs, von einer jungen Frau dargestellt, verdient Erwähnung. Das Stück berichtet über das innige Verständnis der beiden Königskinder, die zu Beginn höchst anmutig in einem imaginären Wiesengrund Schmetterlingen nachjagen und wo der junge Prinz auf seiner Flöte spielt. Doch, wir wissen es, die harmonischen Stunden der beiden sind gezählt, und Thema des Stückes war ja auch der Widerspruch zwischen ihren Herzenswünschen und der Staatsraison, die durch den kalten und unmusischen Vater einerseits und die aufsteigewillige Mutter andererseits repräsentiert werden.

Was die Kinder dabei empfanden oder wollten, war sekundär, und als die gescheiterte Flucht Friedrich heftigste Strafen und den Tod seines Freundes Katte bescherte, begehrte auch Wilhelmine nicht mehr auf und akzeptierte den vom Vater ausgewählten Gemahl. Solche Problematik ist uns Heutigen nur noch schwer beizubringen, dass die jungen Darsteller Spaß an der Bewegung und wohl auch an den historisch exakten Kostümen hatten, war zu sehen. Aber trotz des lang anhaltenden freundlichen Beifalls am Ende bleibt ein seltsames Gefühl angesichts solcher Inszenierungen in Zeiten von „Rhythm is it“ oder anderen modernen Versuchen, aktuelle Problematiken tänzerisch zu gestalten. Lore Bardens

Lore Bardens

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