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Von Lore Bardens: Exerzierplatz für das lichte Denken

Die Galerie M propagiert Sorglosigkeit / Mit Gästen aus Wiesbaden

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„Sanssouci“ hatte Friedrich II. sein berühmtes Motto trotzig als Gegenentwurf über seine Paradieslandschaft gestellt, und sicher konnte er sich und anderen auf diese Weise tatsächlich manch sorglose Stunde bescheren – wovon wir heute noch profitieren, wenn wir, unversehens immer leichter werdend, durch die Parklandschaft schlendern. So kann es also funktionieren, dass die zum Gebot erhobene Sorglosigkeit zumindest für Augenblicke erlebbar wird. Eine der schwersten Aufgaben für uns alte Zweifler, Nörgler und Besserwisser ist es, das positive Denken zu üben. Die Galerie M hat mit ihrer Ausstellung nun einen, freilich temporären, friedlichen Exerzierplatz für das lichte Denken geschaffen. „Ohne Sorgen“ nennt sich die aktuelle Ausstellung des Brandenburgischen Verbandes Bildender Künstler, der den Regionalverband Wiesbaden eingeladen hat, mit hiesigen Kollegen gemeinsam zu diesem Thema zu arbeiten.

Nicht alle der ausstellenden Künstler realisieren den Bezug zu Potsdam so direkt realisiert wie Roswitha Grüttner, die sich im Schlosspark Sanssouci zu ihren Impressionen anregen ließ. Beim Betreten des Raumes stolpert man fast über die Installation von Petra Walter-Moll aus Kleinmachnow. Sie hat von „Langen Kerls“ einen Abguss des Allerwertesten vorgenommen und diesen – mitsamt Vorderstück, in hellen Filz umgearbeitet. Jetzt schwingen diese männlichen Teile, die dickere und dünne, große und kleine Objekte der weiblichen Begierde zeigen, locker im Raum – angeführt von einem einzigen „schwarzen Schaf“. Das war der Erste, der sich zur Verfügung gestellt hat, sagt Petra Walter-Moll mit hintergründigem Lächeln, und der hatte eben nicht das erforderliche Maß. Helle Begeisterungsschreie entfahren manchen Mündern, und schon hat die Ausstellung ein Ziel erreicht: Heiterkeit.

Für den Wiesbadener Fotografen Frank Deubel zeigt sich die Sorglosigkeit in der unscharfen Weiblichkeit. Eine Frau mit langem dunklem Haar fixiert er in einer sorglosen Augenblicksbewegung, als sei es möglich, diesen Moment einzufrieren. Tina Flau aus Potsdam spielt mit Pastelltönen in Hellblau und Rottönen, die sie in klare, von feinem Strich umrandete Formen gießt. Sommerimpressionen mit Schwimmring, Segelschiff und großen Bällen sind in ein harmonisches Durcheinander gebettet, es könnten lichte Strandträume sein. In den Himmel schaut auch Ursula Hermann-Jensen, die Vorsitzende des Regionalverbandes Wiesbaden. Sie lässt uns in ihrem Triptychon durch die Blätter eines Baumes in einen dunkelblau-türkis flimmernden Himmel schauen, der möglicherweise schon schlechteres Wetter transportiert. Nicht ganz so sorglos gibt sich Sabine Ploss aus Kartzow, denn sie hat ihrer dreiteiligen, „Das-rundum-sorglos-Paket“ genannten Arbeit, zwar den Anschein von Unbekümmertheit gegeben, darin aber brennen schon Häuser und dräuen die Himmel. Also alles doch nicht so licht? Um aufkommende Sorgen im Keim zu ersticken, bietet Wolfgang Gemmer aus Wiesbaden den „Platz an der Sonne“ an: Auf einem Sockel abgeschnittener Spazierstöcke liegt ein Kissen, das wiederum von Spazierstöcken beschützt wird. Sicher ein unsicherer Sitzplatz, wie das eben mit der Sorglosigkeit so ist. Christian Uhlig denkt dagegen in seinen Drahtarbeiten an die Geschlechterfreuden, exaktfeine Körperumrisse in unterschiedlichen Stadien zeugen von einer Art der Annäherung an das schöne Geschlecht.

Nachdenkliches bietet Renate Reifert, die in „Perlmutt“ Leben und Demenzerkrankung ihrer Mutter thematisiert und somit die Frage stellt, ob Sorglosigkeit nur durch Vergessen möglich wird. Doch Brigitte Wachendorff versöhnt wieder mit ihren kleinen Aquarellarbeiten, die wie Kinderluftsprünge wirken. Insgesamt eine zur nachdenklichen Sorglosigkeit anregende Ausstellung.

Bis 12. Oktober, Mi-Fr 11-17 Uhr, Sa- So 11-18 Uhr, Hermann-Elflein-Str. 18

Lore Bardens

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