Kultur: Familienzirkus
Havarie light mit Alltags-„Clownerie“ im Waldschloss
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Havarie light mit Alltags-„Clownerie“ im Waldschloss Noch ist es dunkel in dem kleinen Theaterraum. Die klangvoll-verspielte Musik aus dem Film „Die fabelhafte Welt der Amélie“ erweckt Neugierde und lässt die Gedanken treiben. Der Titel „Familienzirkus“ führt zu vielen Assoziationen. Geht es um „Zirkus“ in der Familie oder um einen familiär geführten Zirkus? Das Theaterstück der Jugendtheatergruppe Havarie light (Leitung: Yasmina Ouakidi) bewegt sich auf mehreren Pfaden. Der Zuschauer macht Bekanntschaft mit Clown Lilo. Er wird zum Begleiter durch den Abend. Aus dem Spaßmacher, der mit seinen flotten Reimkünsten versucht, Publikum in den Zirkus zu lotsen, wird von einer Stunde zur anderen ein sehr trauriger „Held“. Lilo wird von seiner Chefin aus dem Zirkusgeschäft gefeuert und somit von seiner besten Freundin, der Losverkäuferin, getrennt. Nun zieht der arbeitslose Clown trübsinnig durch die Gegend. Der Zufall verwickelt ihn immer wieder in neue Familienschicksale. Einmal wird er von einem Geschäftsmann dafür bezahlt, den angeblich 14. Geburtstag seiner Tochter zu gestalten. Diese wird allerdings schon 16 – was dem geschäftigen Herrn Papa entgangen ist – und sie hat gar keinen Bock mehr auf Clownerie. Kurze Zeit später wird er Zeuge einer geplatzten Hochzeit. Der von ihrem Mann sitzen gelassene Standesbeamtin gelingt es, eine Braut vor das Ja-Wort und die Ehe zu „retten“ . Lilo gerät von einem Familiendrama in das nächste, dabei hat sie selbst genug Sorgen. Hinter dem Clown steckt die Schülerin Susi Laser, die sich wie die meisten Mitglieder von Havarie light schon mehrere Jahre in ihrer Freizeit dem Theaterspiel verschrieben hat. Sie sticht durch ihre sehr natürliche und glaubwürdige Spielweise stark aus der Gruppe hervor. Auch Nathalie Schulthes überzeugt als Standesbeamtin oder in der Rolle eines Teenagermädchen, die für ihre Mutter Blinddates organisiert, aber vorher selbst die Männer nach ihrem Geschmack aussortiert. Bei ihrer Auslese haben Männer mit O-Beinen oder dreckigen Fingernägeln keine Chance. Auch bei den anderen Schauspieler-Eleven ist Talent zu spüren. Da gibt es keine Spur von Hemmungen, Gefühle werden in verschiedenen Facetten herüber gebracht . Dazu gehören auch die Schreie aus voller Kehle von Ulrike Gless, die als impulsive Ehefrau mal wieder mit ihrem Mann im Clinch liegt. Der Spaß am Spielen ist bei allen Darstellern anzumerken. Und das überzeugt auch das Publikum. Nicht nur die „Jungen“ bringt der Familienzirkus zum Lachen, auch Oma und Opa folgen amüsiert dem Geschehen im Waldschloss-Theater. Die Inszenierung bringt die täglichen Probleme, die so oder ähnlich wohl jeder aus seiner eigenen Familie kennt, unterhaltsam auf die Bühne. Bis zur letzten Minute bleiben die Zuschauer gespannt an den Auseinandersetzungen dran. Die Geschichten sind geschickt miteinander verwoben. Und natürlich gibt es auch ein Happyend. Clown Lilo schließt am Ende seine beste Freundin, die Losverkäuferin, wieder in die Arme und gestärkt durch ihre Erfahrungen gehen sie nunmehr gemeinsam ihren Weg. Der Clown hat sein Lächeln wieder gefunden. Sophie Jäger
Sophie Jäger
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