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Kultur: Fantasiereicher Farbenmaler

Orgelsommer-Konzert mit Roman Perucki in der Erlöserkirche

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Orgelsommer-Konzert mit Roman Perucki in der Erlöserkirche Anlässlich der Potsdamer Bachtage sollte ein Konzert im Rahmen des Internationalen Orgelsommers keinesfalls auf ein Bachwerk verzichten. Was es erfreulicherweise auch tut. Es ist des Meisters G-Dur-Fantasie BWV 572, die vor einer Woche beim Auftritt von Daniel Maurer in der Friedenskirche ebenfalls erklang. Französische Sinnenlust ist diesmal bei der Ausdeutung durch Roman Perucki aus Danzig nicht zu erwarten. Er, der sich beim Orgelsommer 2002 der nicht mehr ganz rüstigen und von asthmatischen Anfällen geplagten (Orgel-)Dame in der Friedenskirche annahm, findet nun mit der Schuke-Orgel der Erlöserkirche ein Instrument vor, das der klarzeichnenden Klangpracht seiner heimatlichen Instrumente (u. a. in der Kathedrale von Oliva, wo der Orgelprofessor Hauptorganist ist) in nichts nachsteht. Er gibt der Fantasie, was sie bedarf: Frische, Einfallsreichtum, Spontaneität. In raschen Zeitmaßen spart er nicht mit virtuosen Eskapaden in hoher „Oktav“-Registerlage. Das Gravement spielt er weniger pathetisch als Maurer, indem er einen eher weit ausgreifenden Schritt bevorzugt, durch den sich Erhabenheit ausstrahlt und Festlichkeit verbreitet. Kaskadengleich ergießen sich die Klangmassen des Lentement-Satzes in ein von gewichtigen Pedalakkorden erfülltes „Bassin“. Doch selbst schlichteste Stücke aus der Feder anonymer Komponisten weiß er als fantasiereicher Farbenmaler mit dem Charme ihrer Einmaligkeit zu umgeben. Mit schnarrendem Trompetengeschmetter ertönt das „Margo laboures“, weich getönt und sonor wie ein Nachthorn das „Dulcis memoria“, bewegter und principalbestimmter das „Orcombien“. Perlenschimmernde Preziosen. Ihnen gesellen sich Choralbearbeitungen aus der „Pelpliner Tabulatur“ um (1620/1640) hinzu: Franz Tunders „Was kann uns kommen an für Noth“ gleicht einem flötenlieblich umspielten Choralgesang, während Nicolaus Hasses „Allein Gott in der Höh''“ nasal und etwas quäkend ertönt. Seine Kunst filigraner Feinzeichnung führt Perucki nahezu modellhaft bei der „Aria Sebaldina“ von Johann Pachelbel vor. Verhalten erklingt das einfache liedhafte Thema, dem acht Variationen folgen. Diese Veränderungen vollziehen sich größtenteils in den Oberstimmen. Man gewinnt den Eindruck, als seien es Ziselierungen wie von zärtlichster Hand ausgeführt. Trillerreich und wie hingetupft breitet Perucki dabei ein Kompendium des Leisen und Intimen aus. Spannend zu verfolgen, wie er sich aus der Versenkung an die Klangfülle herantastet. Vom Vorbild der Altmeister ist Felix Mendelssohn Bartholdys c-Moll-Sonate op. 65 Nr. 2 besonders stark geprägt, so dass sie, logischerweise, nach Pachelbel ihren gebührlichen Platz findet. Gewichtig schreitet das kurze Grave aus, in altväterliche Strenge und gemischten Farben das Adagio. Wahrlich majestätisch, kraftvoll und durchdringend zeigt sich das Allegro fast als martialischer Fingerzeig auf die folgende festliche Fuge. Nicht weniger strahlend zeigt sich die „Sortie“ (Ausklang) überschriebene Neutönerei akkordischen Zuschnitts von Jan Janca (geb. 1937), ein wahrlich passendes Finale für diesen zeitlich kurzen und kurzweiligen Abend, dem eine gassenhauerische Zugabe folgt. Wer will kann anschließend an einer Orgelführung mit Friedrich Meinel teilnehmen. Erfreulich, dass diese Orgelsommer-Tradition (kurz vor Saisonende!) endlich wieder aufgegriffen wird. Peter Buske

Peter Buske

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