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Kultur: Farben nach Klängen und Worten

Bilder und Objekte von Hans-Werner Berretz in der Galerie Ruhnke

Bilder und Objekte von Hans-Werner Berretz in der Galerie Ruhnke Gibt es Bilder, die einer Musik oder einem Gedicht entsprechen können? Wie sähe eine Arbeit nach Claude Debussys orchestraler „Prélude à l“après-midi d“un faune“ aus? Wie Bilder nach Paul Celans allbekannter, bedrückender „Todesfuge“? Der Aachener Maler und Grafiker Hans-Werner Berretz weiß es. Pinsel und Stift sind seine Wünschelruten, mit denen er Klängen und Worten auf Papier, Holz und Leinwand nachspürt. Beispiele aus seinen Arbeiten der letzten zehn Jahre sind derzeit in der Galerie Ruhnke zu sehen. „Horn-Konzert“ heißt eine Arbeit, für die drei Notenblätter – offenbar die der Namen gebenden Musik – mit viel Weiß und wenigen geschwungenen Strichen in Grau und Blau großteils übermalt wurden. Und „Fuga Ricerata No. 2 - J. S. Bach / A. Webern“ hat Berretz drei farbige Mischtechniken auf Papier überschrieben. Diese sowie weitere Arbeiten mit Titeln, die der Musik oder Literatur entlehnt sind, verlangen danach, das Verhältnis von Berretz“ Arbeiten zu den zuvor vorhandenen Musikstücken und Gedichten zu bestimmen. Der 1951 Geborene, der Textildesign und Betriebswirtschaft in Aachen und Köln studierte, sieht Literatur und Musik als Weggefährten. In einer kontrollierten Improvisation zwischen Freiheit und Strenge reagiere er auf sie. Er stehe in dem „Versuch des Erschaffens einer neuen Poesie“ und folge dabei prozessual der inneren Notwendigkeit der Bilder. Bemerkenswert ist, dass vor allem Musiker sich zu den Arbeiten von Berretz äußerten. Sie bilden, so der Komponist Michael Denhoff, „die Musik nicht ab, sie sind auf sehr sinnliche Art und Weise selbst Musik. Der Bildraum vibriert durch die feinen Schwingungen, die die auslösende Musik in Bewegung gesetzt hat. Die Bilder leuchten von innen heraus“. Und der damalige Gewandhaus-Chef Kurt Masur, mit dem Berretz 1991 zusammenarbeitete, beurteilte die Arbeiten als „eine Flut der Fantasien, wie ich sie noch nie erlebt habe“. Zumindest im Entstehen scheinen die Bilder der Musik nicht entbehren zu können, sieht Berretz selbst seine Arbeiten doch als adäquate Umsetzung der Musik „mit Hilfe von strukturellen Elementen und mit Hilfe von Farben“. Man könnte Berretz jetzt fehlende Originalität und das Schlagwort der After-Kunst vorhalten. Und er könnte dann mit dem dieser Tage jubilierenden Maler Bernhard Heisig antworten, dass die Vorstellung des Künstlers, der „originell bis zur Bewusstlosigkeit“ sein müsse, ein großer Blödsinn sei. Aber erheblich stärker als der Leipziger Maler-Gigant, der sich ausdrücklich in einer Kunsttradition sieht, ist Berretz in die Errungenschaften und Stränge der klassischen und Post-Moderne verstrickt. Einige Momente der mehrfarbigen Arbeiten wären neuartig, ohne den Expressionismus. Und seine blaue „Farblichtmusik“ aus waage- und senkrecht übereinander liegenden, halbtransparenten Pinselbahnen basiert auf Yves Kleins monochromen Werken aus den 1950er Jahren. Doch kann die Fantasie in dem grünlich-braunen Farbendickicht des Querformats „L“après midi d“un faune“ das Naturwesen aus Debussys gleichnamiger Komposition sehen? Oder bildet die Mischtechnik auf Holz die musikalischen Strukturen ab? Und welches „Verblühte Geräusch“ soll der Betrachter in dem all zu offensichtlichen Stück eines Profilbalkens erkennen können, den Berretz mehrfarbig fasste, mit wenigen grafischen Schnörkeln überging? Gelungen sind seine Arbeiten aus dem „Ikarus-Zyklus“, deren starke Reliefs mit gut gesetztem Licht eindrucksvoll inszeniert sind. Sehenswert auch die fast monochrome Arbeit „Rhythmisches Weiß“, in der das Auge feinnervige Vibrationen in den verschiedenen Bildschichten entdecken kann. Am 1. April lädt die Galerie Ruhnke ab 19.30 Uhr in ihre aktuelle Ausstellung zu einem Abend mit entsprechender Musik und Lyrik ein. Die ungarische Geigerin Zsuzsa Debré wird Kompositionen von Johann Sebastian Bach und Bernd Hänschke spielen. Klaus Büstrin liest Gedichte, unter anderen von Paul Celan und Ingeborg Bachmann. Und der Maler Hans-Werner Berretz sowie der Komponist Bernd Hänschke werden anwesend sein und können Auskunft über ihreArbeiten geben. Abend mit Musik und Lesung in der Galerie Ruhnke am 1. April, 19.30 Uhr, Eintritt 7, ermäßigt 4 Euro, Reservierung per Telefon (0331-5058086) oder Mail (galerie-ruhnke@potsdam.de). Ausstellung bis 10. April, Hegelallee 41. Do-So 14-19 Uhr. www.galerie-ruhnke.de

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