Orgelsommerfinale mit Maurizio Salerno: Feingliedrige, fantasievolle Fabulierlust
Zum Saisonfinale hält der Orgelsommer Potsdam noch eine Überraschung bereit. Denn statt nach Proporz in die Erlöserkirche einzuladen, ist am Mittwoch der Französischen Kirche erstmals die Ehre widerfahren, ihre Türen für des Orgelsommers krönenden Abschluss zu öffnen.
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Zum Saisonfinale hält der Orgelsommer Potsdam noch eine Überraschung bereit. Denn statt nach Proporz in die Erlöserkirche einzuladen, ist am Mittwoch der Französischen Kirche erstmals die Ehre widerfahren, ihre Türen für des Orgelsommers krönenden Abschluss zu öffnen. Eine löbliche Entscheidung des Veranstalters, anlässlich des „Silberne Hochzeit“ feiernden Musenfestes ein weiteres Gotteshaus in den Blickpunkt der Freunde der Musica sacra zu rücken. Zumal die 1783 erbaute Grüneberg-Orgel ein Instrument ist, das für barocke Werke wie geschaffen ist.
Einst für die heute nicht mehr existierende reformierte Johanniskirche in Berlin-Spandau von Johann Wilhelm Grüneberg aus Brandenburg/Havel erbaut, wird sie Anfang des vorigen Jahrhunderts in die Dorfkirche von Bärenklau bei Oranienburg umgesetzt. Dort verrichtete sie treu ihre Aufgaben, bis sie durch Vandalismus um 1980 nicht mehr bespielt werden kann. Nach ihrer Restaurierung durch die Firma Schuke aus Potsdam hat die Grüneberg-Orgel erneut in einer französisch-reformierten Kirche ein Zuhause gefunden.
Die Orgelsommer-Premiere übernimmt der Mailänder Kirchenmusiker Maurizio Salerno, der zudem als Continuo-Spieler mit namhaften Musikensembles zusammenarbeitet. Für seinen Potsdamer Soloauftritt hat er das Programm „Frescobaldi und das Frescobaldische Erbe“ mitgebracht. Warum gerade ihn? Weil er die italienische Instrumentalmusik von der überlieferten asketischen Formstrenge der Renaissance befreit und ihr erhöhte Ausdruckskraft, Lebendigkeit und jene feingliedrige Struktur verleiht, die für den frühen Barock typisch wird. Und sich mit Windeseile verbreitet, denn Girolamo Frescobaldi ist ein begnadeter Organist von gestalterischer wie länderübergreifender Ausstrahlungskraft. Maurizio Salerno kündet mit einer Fülle von Toccaten aus verschiedenen Federn davon, in denen sich die fantasieartige Fabulierkunst lustvoll offenbart.
Zunächst lässt er den Meister mit dessen Toccata V aus dem „2. Buch der Toccaten“ zu Wort kommen. Maurizio Salerno wählt helle und leuchtende Register, die für durchdringende, lebendig und leicht dahinfließende, geradezu beschwingte Klänge sorgen. Als Frescobaldischer Erbe des 20. Jahrhunderts erweist sich Francesco Bellomi (geboren 1960) mit seiner Toccata, deren gedeckte Farben durch parlierende Diskantstimmen überdeckt werden. Ein verspielter, tänzerisch beschwingter, heiterer Ausdruck von moderner italienischer Lebensart, bei der das gestochen klar intonierende Instrumente seine klanglichen Vorzüge unter Beweis stellen kann. Doch kann es sich auch von seiner ziemlich nervigen, weil durchdringenden Seite zeigen. Beispielsweise in Johann Jakob Frobergers Toccata V da sonarsi alla Levatione oder den schnellen Ecksätzen des Concerto III BWV 974, das Johann Sebastian Bach nach einem Oboenkonzert von Benedetto Marcello verfertigt hat. Der langsame Mittelsatz dagegen fließt weich dahin. Genauso wie die ausdrucksernste, gravitätisch einherschreitende Toccata I aus dem „Apparatus musico-organisticus“ des Georg Muffat oder das getragene Thema, das Bernardo Pasquini in seinen „Variazioni per il paggio Todesco“ alsbald in mannigfaltiger Weise abwechslungsreich verändert.
Majestätisch, pulsierend, fast wie gemeißelt erklingt Dietrich Buxtehudes g-Moll- Praeludium, abschließend Bachs stimmungssanftes, leicht tremolierendes, sich zu virtuosem Finale steigerndes Pastorale BWV 590. Viel Beifall.
Peter Buske
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